Schweinfurt: Wofür braucht man Roboter? Den Teilnehmerinnen der Girls‘ Day Akademie am Schweinfurter Alexander-von-Humboldt-Gymnasium fallen einige lästige Aufgaben ein, die sie gerne abgeben würden: Hausaufgaben machen, Tisch abräumen, abspülen, putzen und aufräumen. Wie weit entwickelt die Fähigkeiten von Robotern wirklich sind, konnten die Schülerinnen bei einem Besuch am Center für Robotik (CERI) der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) selbst herausfinden.
Robotik-Professorin Dr. Dorit Borrmann stimmt den Schülerinnen mit einem Schmunzeln zu, lästige Haushaltsaufgaben würde sie auch sofort an einen Roboter auslagern: „Aber dieses Gebiet – humanoide Service-Roboter – ist die Königsdisziplin“ – und gehört damit zu den schwierigsten Anwendungsgebieten der Robotik. Im Anschluss erläutert sie den Aufbau des Bachelorstudiengangs Robotik an der THWS, wo sich die Studierenden im Hauptstudium zwischen drei Vertiefungsrichtungen entscheiden können: industrielle Robotik, mobile Robotik sowie humanoide und Service-Robotik. Nach einem kleinen Exkurs über die Studienbedingungen an der THWS beginnt die Führung durch die Labore des CERI.
Im Medizintechnik-Labor führt Masterstudent Jonas Schewior die aktuelle Forschungsarbeit an Sprach- und Gestensteuerung vor. Er berichtet über die Zusammenarbeit mit dem orthopädischen Krankenhaus Schloss Werneck bei Hüft-OPs. Bisher müssten Menschen anstrengende Hilfstätigkeiten übernehmen wie Operationswerkzeuge heranreichen oder das zu operierende Bein stundenlang hoch halten und drehen. Wie Roboter diese Aufgaben übernehmen könnten, zeigt ein kurzer Film: Ein sprachgesteuerter Roboterarm erkennt den Namen bestimmter Werkzeuge und kann auf einfache Kommandos wie „schließen“ oder „öffnen“ reagieren, um das entsprechende Werkzeug aufzugreifen und abzugeben.
Ein weiteres Beispiel zeigt, wie einfache Handgesten eingesetzt werden, um das Bein eines Patienten zu halten, die geschlossene Faust bedeutet beispielsweise „Stop!“. „Diese Steuerung ist auch von außerhalb des OP-Raums möglich“, erläutert Schewior. Dies helfe außerdem, die Sterilität während der Operation zu gewährleisten – ein weiterer Vorteil. Dennoch seien diese Einsätze noch Zukunftsmusik, da im Medizinbereich vor jedem Einsatz umfangreiche und damit sehr teure Zertifizierungen nötig seien. „Wir wollen zeigen, dass es geht, und hoffen, dass Firmen diese Ideen dann aufgreifen.“
Ein Roboter zum Spielen – per Sprachsteuerung
Dieselbe Technik kann auch Menschen mit Behinderung unterstützen. Gemeinsam mit Neuntklässlerin Sophia demonstriert Schewior ein automatisiertes Mini-Mühle-Spiel: Der Roboterarm setzt die Spielsteine per Sprachsteuerung auf das jeweilige Feld. Sophia, 15 Jahre alt, ist von den Medizintechnik-Robotern fasziniert: „Das war ein für mich völlig neuer Bereich – ich wusste nicht, dass es das gibt und wie entwickelt es schon ist!“
Ein Mini-Mühle-Spiel, bei dem ein sprachgesteuerter Roboter die Spielsteine setzt – so können auch Menschen mit Handicap selbstständig mitmachen (Foto: THWS/Eva Kaupp)
Als nächstes steht für die Schülerinnen ein Besuch bei den amtierenden Weltmeistern der Robocup@Work-Liga auf dem Programm. Bei diesem internationalen Robotik-Wettbewerb werden automatisierte Lösungen für die Fabrik von morgen entwickelt, um Fertigung auch in einem Hochlohnland wie Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Teammitglied und Masterstudent Maximilian Streng führt den Besucherinnen vor, wie die mobile Roboterplattform verschiedene Arbeitsstationen autonom ansteuern, Werkstücke aufnehmen und an anderer Stelle wieder abliefern kann. Hier ist Präzision gefragt: „Die Schraube ist genauso lang wie der blaue Container, in den sie abgelegt werden muss“, erklärt Streng. Der Robotergreifer muss sie also im richtigen Winkel halten, damit sie auch hineinpasst – es klappt und die Schülerinnen sind beeindruckt.
Masterstudent Maximilian Streng (li.) führt vor, wie die mobile Plattform der amtierenden Weltmeister der RoboCup@Work-Liga ihre Transportaufgaben löst (Foto: THWS/Eva Kaupp)
Zum Schluss können die Mädchen selbst ausprobieren, wie man die Steuerung eines Roboters programmiert: Aufgeteilt in zwei Gruppen bauen sie Schritt für Schritt Handlungsanweisungen aufeinander auf, damit der Roboterarm bunte Legosteine von einem Ort zum anderen transportiert, ohne eine Zwischenwand zu berühren oder gar umzureißen. Chantal Grau, Robotik-Studentin aus dem 6. Semester, unterstützt sie dabei. Als ein grüner Stein zuerst nicht richtig in Position landet und der rote Stein kurzerhand die Mauer umräumt, werden die Fehler schnell gefunden.
Prof. Dr. Dorit Borrmann (re.) beobachtet den finalen Lauf des Roboterarms, der von den Schülerinnen gefilmt wird (Foto: THWS/Eva Kaupp)
Schließlich stehen die beiden Gruppen in Konkurrenz zueinander – welcher Roboterarm kann die Sequenz fehlerfrei und am schnellsten durchführen? Wenn sich der Roboter nicht wie erwartet verhält, ist durchaus Frust angesagt: „Wieso macht er das schon wieder?“, murmelt eine Schülerin stirnrunzelnd. Die Gymnasiastinnen sind mit so viel Engagement bei der Sache, dass sie sogar die Zeit überziehen und etwas länger im Labor bleiben als vorgesehen. Prof. Dr. Borrmann fasst den gelungenen Nachmittag zusammen: „Die Begeisterung, mit der die Schülerinnen die Roboter programmieren, weckt in mir die Hoffnung, dass wir genügend engagierte Robotikerinnen und Robotiker ausbilden können, um den Traum von einem Roboter, der uns alle lästigen Aufgaben abnimmt, Wirklichkeit werden zu lassen.“