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Dr. h.c. Rudolf Kreutner: Nachlass-Verwalter und Stellvertreter auf Erden

01.06.2012

Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Ein Nachlass-Verwalter hat eigentlich die Aufgabe im Sinne der vom Gericht angeordneten Nachlasspflegschaft das Erbe mit dem Ziel der Befriedigung der Nachlassgläubiger zu ordnen und zu erhalten. In diesem Fall geht es nicht um Gläubiger, sondern um uns alle, es geht um einen der größten Schätze, den die Stadt und die Region ihr Eigen nennt, es geht um den Schatz, den uns Friedrich Rückert hinterlassen hat. Dr. h.c. Rudolf Kreutner ist der Kustos (das hat seinen Ursprung im Lateinischen und bedeutet wörtlich Wächter) der Rückert-Sammlungen im Kulturamt Schweinfurt. Kein anderer dürfte dem größten Sohn der Stadt und Ehrenbürger Friedrich Rückert so nahe gekommen sein wie Rudolf Kreutner. Darüber hinaus gilt Kreutner als Spezialist für die Literaturgeschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ist weit über den Tellerrand der Region hinaus bekannt und als Experte gesucht.

Für die erste Begegnung mit Rudolf Kreutner hätte sich kein besserer Platz finden können. Das Friedrich Rückert-Zimmer befindet sich im Alten Gymnasium, dem Stammhaus der Museen und Galerien der Stadt Schweinfurt. Das ist ein wundervoller, über die Jahre gut gepflegter Renaissancebau aus dem Jahre 1582. Rückert hat in diesem Haus das Gymnasium besucht, so dass der Ort für diese Begegnung gut gewählt ist. In einer Tischvitrine findet man diverse Kleinigkeiten aus dem Leben des Dichters: Kompass, Lupe, Dosen, Visitenkarten und einen hohen Orden. Weiter ist ein Porzellansträußchen, Fächer, Puderdose, Geldbeutel und Brieftasche seiner Frau ausgestellt. Das Möbel ist, wie das Stehpult und der Lehnstuhl original, andere Möbelstücke sind detailgetreu rekonstruiert. Zu sehen sind frühe Ausgaben seiner Werke, die Ehrenbürgerurkunde der Stadt und die Urkunde aus Anlass der Übergabe des Rückert-Denkmals am Marktplatz.

Die Ähnlichkeiten

Eine, Rudolf Kreutner öfter unterstellte, äußerliche Ähnlichkeit mit dem großen Dichter erweist, sich bis auf die Annäherung an die Körpergröße, als nicht haltbar. Auch in der Ausstrahlung sind sich die beiden Herren überhaupt nicht ähnlich. Hier Friedrich Rückert, zeitlebens mit groben Manieren als fränkischer Bauer aufgetreten, dort der feinsinnige, eher zartbesaidete Historiker, der mit Geduld und engagierten Worten seinem Gegenüber die kompliziertesten Zusammenhänge ausführlich erklärt und die Nachfragen eines ungebildeten Schreiberlings geduldig befriedigt. Es ist ein Genuss, den Geschichten des Historikers zuzuhören. Er versteht seine Zuhörer in den Bann zu ziehen und trockene Daten und Zahlen gibt es bei ihm nie ohne die entsprechenden Geschichten, die diese Dinge veranschaulichen. Eine einzige Ähnlichkeit mit dem großen Dichter und Orientalisten Friedrich Rückert gibt es trotzdem. Rudolf Kreutner hat auf vielen seiner Lebenswege die von Rückert gekreuzt. Beide haben z.B. zu Füßen der Bettenburg gespielt. Rückert dichtete später von dem ‚Dichterhäuschen‘ gegenüber der Burg:

„Hier lockt den ruhig eingewiegten Blick

mir keiner blauen Berge Hoffnungsgipfel

auf Sehnsuchtsflügeln in die Ferne hin.

Ihn hält die stille Gegenwart zurück,

ich schaue wieder in die nahen Wipfel

und freue mich und fühle, daß ich bin”

Rudolf Kreutner hat in diesem Garten als Schulkind gespielt, bei seinen Aufenthalten im Schullandheim Eichelsdorf. Später hat er in Erlangen studiert, exakt an der Universität an der Rückert gelehrt hat. Eben diese Universität Erlangen-Nürnberg verlieh Rudolf Kreutner im Jahre 2006 die Ehrendoktorwürde.

Geboren und aufgewachsen ist Rudolf Kreutner in Schweinfurt. Die Albert-Schweizer-Schule und die Dr. Pfeifer-Schule waren die ersten Stationen seiner Bildung.

 

Abitur am Humboldt Gymnasium

Am Humboldt Gymnasium hat er schließlich sein Abitur gemacht um, gleich sich darauf voll in das Studium zu stürzen, nicht nur in Erlangen, Kreutner hat auch im schottischen Aberdeen studiert.

 

Die schottische Universität 

Die Stadt ist eine der vielen ‚Unitary Authorities‘ in Schottland und hat zwei Universitäten, von denen die Universität Aberdeen schon im Jahr 1495 gegründet wurde. Geschichte, Soziologie und Sozialanthropologie waren seine Fächer. Das sind Wissenschaften der kulturellen und sozialen Vielfalt, allgemeiner ausgedrückt, Wissenschaft vom Menschen in der Gesellschaft, dazu gekommen sind noch die politischen Wissenschaften. Wie sein ‚Schützling‘ beherrscht Kreutner ein paar Sprachen und Schriften. Dass es keine 44 sind macht ihm heute keinen Kummer, auf einen Wettbewerb mit dem großen Dichter wollte er sich ohnehin nie einlassen.

 

Nach Schweinfurt zurück

Nach dem Studium kehrte Rudolf Kreutner nach Schweinfurt zurück. Seine Frau Elfriede hatte in Schweinfurt eine Referendariats-Stelle gefunden. In der Vorbereitung zum Rückert-Jahr 1988 brauchte die Stadt dringend einen Historiker.

 

Die deutsche Schrift

Kreutner war der einzige, obwohl kein Germanist, der die Deutsche Schrift lesen konnte. Das war Voraussetzung für den Job den Nachlass Rückerts zu ordnen. Rudolf Kreutner ist bis heute dabei geblieben, immer neue Aufgabenfelder kamen dazu, über Langeweile kann er sich sicher nicht beklagen. Als kultur- und geistesgeschichtlicher Experte wird er immer wieder angefragt. So hat er zuletzt beim Deutschlandfunk in einem Feature in der Reihe Hintergrund Kultur / Hörspiel mitgearbeitet:

West-östlicher Divan –

Utopie und Wirklichkeit

Der Spiegel des Orients

Friedrich Rückert

Gesendet wurde das am 20.04.2012 um 20:10 Uhr

Dr. h.c. Rudolf Kreutner ist Mit-Herausgeber der historisch-kritischen Rückert Gesamt-Ausgabe

Friedrich Rückerts Werke –

Historisch-Kritische Ausgabe –

‚Schweinfurter Edition‘

(Begründet von Hans Wollschläger † und Rudolf Kreutner)

Herausgegeben von Rudolf Kreutner, Claudia Wiener und Hartmut Bobzin

Erschienen im Wallstein Verlag Göttingen

Dr. h.c. Rudolf Kreutner ist Geschäftsführer der Rückert-Gesellschaft, die mit 250 Mitgliedern auf dem ganzen Erdball vertreten ist.

von Jürgen Kohl – jkohl@revista.de

aus dem aktuellen SWmagaz.in: http://swmagaz.in/swmagaz-in-ausgabe-05-2012

 

 

 

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