Draußen scheint zwar die Sonne, aber der Schein trügt. Warm ist es auch in der Sonne nicht. Es hat sechs Grad Lufttemperatur. Der Schweinfurter Baggersee hätte zwar als Trinkwasser eine angenehme Temperatur, aber zum Baden keinesfalls. Für die gebürtige Wasserratte Eva Warmuth kein Grund auf ein Bad für das Foto zu verzichten. Eine ziemlich harte Erkältung ist gerade am Abklingen und das Bad im Baggersee ist auch im Neoprenanzug eigentlich eine Zumutung. Sie trägt es mit entwaffnendem Lächeln, die Stimme klingt noch ein bisschen nach Erkältung.
Eva, ein Mainberger ‚Gewächs‘, hat eine einfache Erklärung: „Zur Wasserwacht kommt man, weil man gerne schwimmt.” Die Eltern haben für die kleine Eva einen Verein gesucht, bei dem man viel schwimmen kann, aber nicht unbedingt einen Wettkampfdruck hat. Genauso ist es bei der Wasserwacht. So war es auch schon im Jahre 1986, das Jahr in dem Eva Warmuth geboren wurde. Sie war die Jüngste von drei Geschwistern und hat im zarten Alter von sieben Jahren bei der Wasserwacht das Schwimmen gelernt. Eine alte Bekanntschaft der Eltern hat gerade das Kindertraining aufgebaut und eine kleine Gruppe von 15, 20 Kindern, so genau kann sie sich heute nicht mehr erinnern.
Eva ist schnell hineingewachsen
Sie nimmt heute an, dass die Jugendleiter sehr gute Arbeit geleistet haben und sie dabei mit dem ‚Wasserwachtvirus‘ infiziert haben. Gleich nach dem legendären Seepferdchen, das erste Abzeichen das die Kinder auch heute noch machen, hat sie mit den unterschiedlichen Rettungsschwimmscheinen, Bronze, Silber und Gold angefangen. Als sie älter wurde, ging das nahtlos weiter. Nach der Sanitätsausbildung kam dann die Wasserretterausbildung. Man ist dabei sehr viel in Freigewässern unterwegs, lernt wie man Menschen aus dem Wasser ins Boot bekommt, wie man sie aus strömendem Gewässer retten kann und wie man mit dem ganzen technischen Hilfsgerät umgeht.
Die ganzen Ausbildungsstufen fanden und finden heute noch in Schweinfurt und der näheren Umgebung statt. Der Ellertshäuser See, der Schweinfurter Baggersee und der Main sind die Gewässer, die von der Wasserwacht zur Ausbildung genutzt werden.
Der Bootsführerschein
Der Bootsführerschein kam folgerichtig gleich danach. Der Lehrstoff für den Bootsführerschein ist umfangreich. Es gehören z.B. die Schifffahrtszeichen, die Tag- und Nachtbezeichnungen der Fahrzeuge und schwimmenden Geräte, die Lichterführung und die Schallsignale, Kollisionsverhütungsregeln dazu und Ausweichregeln, Manövriereigenschaften, der Berufsschiffe und Sportboote sowie umfangreiche Kenntisse von Umweltschutz und Gewässerschutz.
Die Schnelleinsatzgruppe
Der Bootsführerschein ist eine von vielen wichtigen Voraussetzungen, um bei der Schnelleinsatzgruppe mitzumachen. Die Schnelleinsatzgruppe funktioniert ähnlich wie die Feuerwehr. Sie wird über Piepser alarmiert, wenn irgendwer am Wasser vermisst wird oder ein Unfall am oder im Wasser geschehen ist. Ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht rückt aus, hinten auf dem Anhänger ein Boot.
Wachdienst am See
Beim aktiven Dienst ist Eva Warmuth auch dabei, da wird z.B. Wachdienst am Baggersee geleistet, Veranstaltungen abgesichert, wie z.B. eine Ruderregatta auf dem Main oder die Segelregatten auf dem Ellertshäuser See.
Jugendarbeit
Seit sieben Jahren macht Eva die Jugendarbeit bei der Wasserwacht. Sie ist mit18 zur Jugendleiterin gewählt worden. Die Gruppenleiter, stellvertretend für alle Kinder und Jugendliche, haben sie gewählt.
In diesem Job kümmert sie sich darum, dass möglichst viele Kinder die Möglichkeit haben das Schwimmen zu lernen, das ist heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich. Das Schwimmen ist Voraussetzung, dass es später für die Wasserwacht genügend aktiven Nachwuchs gibt. In den Schulen sind die Bedingungen dafür, das Schwimmen zu erlernen, nicht unbedingt optimal. Eva Warmuth hat Verständnis, dass die Lehrer Schwierigkeiten haben, alleine, oder auch zu zweit mit 30 und mehr Kindern einen Schwimmkurs durchzuziehen. Auch in der dafür vorgesehenen Stundenzahl ist das nicht wirklich zu schaffen.
Kinderkurse
Bei den Kinderkursen der Wasserwacht wird wöchentliches Training geboten. Da ist dann schon ausreichend Zeit sich um einzelne Kids zu kümmern. Diese Kinderkurse finden im Kerschensteiner Bad, in Dittelbrunn und in Schwebheim statt. Die erste Stufe ist nach wie vor das berühmte Seepferdchen, darauf baut das Kinder- und Jugendtraining auf. Danach kommen die Jugendschwimmabzeichen in Bronze, Silber und Gold. Die etwas älteren Kinder fangen dann schon mit dem Rettungsschwimmerabzeichen an. Dieses Abzeichen ist ab dem 12. Lebensjahr möglich. An das Rettungsschwimmen, an den Dienst bei der Wasserwacht, werden die Kids dabei schön langsam herangeführt.
Zum ersten Mal im Neoprenanzug
Die Kinder dürfen schon mal mit zum Baggersee, lernen das Rettungsbrett kennen. Ein Erlebnis ist es, wenn sie zum ersten Mal in einen Neoprenanzug steigen und damit unter Anleitung im Freigewässer schwimmen dürfen, mal ausprobieren wie das sich anfühlt vom Wasser ins Boot zu klettern.
Die Wasserwacht bietet mehr
Die Wasserwacht macht neben dem Schwimmen und den Ausbildungen noch mehr. Es gibt jetzt wieder Gruppenstunden, dieses Beisammensein wurde von der Jugendleiterin wieder aktiviert. Da gibt es an einem Samstag z.B. für die Kids einen Gruselgeschichten-Abend. Zeltlager zusammen mit dem Jugendrotkreuz werden immer in den Ferien angeboten und noch mehr, was nichts direkt mit dem Element Wasser zu tun hat und der Wasserwacht.
Nachwuchsprobleme hat die Wasserwacht zum Glück keine
Aktuell liegen mehr Nachfragen vor als Kapazität vorhanden ist. Rund 300 Kinder kommen derzeit jede Woche zum Training. Es ist die gute Atmosphäre, die die Wasserwacht bei den Kids so beliebt macht. Die Kinder tun etwas Gutes für sich selbst, lernen viele neue Freunde kennen und können Sport treiben ohne den Leistungsdruck wie bei z.B. bei Schwimmwettkämpfen. Die vielen Gruppenleiter sind sehr engagiert. Das Gefühl ‚große Wasserwachtfamilie‘ wird offensichtlich erfolgreich vermittelt.
Eva Warmuth entwickelt Dialysegeräte
Eva Warmuth hat an der FH in Schweinfurt studiert, Ingenieurinformatik. Das Internet-Portal der FH Schweinfurt schreibt darüber: Als eines der Hauptgebiete der Informatik hat die Technische Informatik ihren Schwerpunkt in den hardwaretechnischen Grundlagen von Rechen- und Kommunikationssystemen. Eva arbeitet bei Fresenius in der Entwicklungsabteilung und entwickelt Dialysegeräte.
Hier sind ihre Wurzeln
Eva ist hier im Raum Schweinfurt verwurzelt. Sie möchte nicht missen, dass sie unter der Woche zum Training kann, dass sie an den Wochenenden mit den Leuten aus der Wasserwachtfamilie ihre Zeit verbringen kann. Weg möchte sie hier aus der Gegend nicht.
Nur im Urlaub zieht sie es schon schon mal ein bisschen in die Ferne, letztes Jahr war sie zusammen mit ihrem Mann in Kanada, vier Wochen lang. Auch in Kanada gibt es natürlich Wasser, viel Wasser.
Daheim wandert sie gerne mal zum Ausgleich, das darf auch mal eine Mehrtagestour sein, oder eine Fahrradtour.
Eva Warmuth merkt, dass in den letzten zwei, drei Jahren das ehrenamtliche Engagement deutlicher wahrgenommen wird.
Von den Eltern der Kids bekommt sie öftermal ein Dankeschön für ihre Arbeit. Langsam scheint sich ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie wichtig eine ehrenamtliche Arbeit ist.
Es gibt für Eva Warmuth nichts Schöneres, als mit dem „bisschen Zeit” wie sie sagt, die sie investiert, anderen Menschen eine Freude zu machen. Gerade das Feedback von Kindern, wenn die sich freuen „wie ein Schneekönig”, ist ihr der schönste Lohn.
Jürgen Kohl
Aus dem aktuellen SWmagaz.in – Ausgabe 11 / 2011