Schweinfurt: Die Glashalle des Konferenzzentrums auf der Maininsel wurde zu einer Art überdachten und trotzdem lichtdurchfluteten Biergarten.
Die Schar der Gäste versprühte fast schon etwas von Oktoberfestflair. Bier gab´s naürlich auch, dazu Brezeln, als Oberbürgermeister Sebastian Remelé das mittlerweile neunte Projekt der Ausstellungsreihe „Made in Schweinfurt“ eröffnete. An gleicher Stelle war etwas mehr als ein Jahr zuvor die Volksfesttradition ein Thema, diesmal ist es noch bis zum 24. Oktober die Erinnerung an alte Schweinfurter Gasthäuser.
„Diese Erinnerung an die Treffpunkte der kleinen Leute verblasst immer mehr“, weiß Edgar Lösch, der frühere Leiter der städtischen Sanierungsstelle, der Initiator und Ideengeber des Projektes ist, der eine Postkartensammlung seines Namenskollegen Edgar Kolb vor rund drei Jahren sah und dadurch auf den Gedanken kam, auch begleitend zu der Ausstellung ein über 200 Seiten dickes Buch herauszubringen. Zahlreiche Abbildungen hat das, kostet 24.90 Euro und beinhaltet noch viel mehr als das, was schon in der Glashalle zu sehen ist. Nämlich die Geschichte der Schweinfurter Gasthäuser, deren Kultur, des gesellschaftlichen Lebens. 126 alte Gasthäuser, die Wirte und das Treiben der Gäste werden im Konferenzzentrum vorgestellt. Der zweite Weltkrieg zerstörte die meisten der Lokale. „Unsere Stadt unternimmt große Anstrengungen, um die baulichen Zeugen der Vergangenheit wieder erlebbar zu machen“, sagt Lösch mit Blick auf Schrotturm, Ebracher Hof oder die Stadtmauer, „nur die Erinnerung an alte Gasthäuser fehlte bislang.“
Diese Lücke ist nun geschlossen. „Essen, trinken, feiern…“, so lautet der Untertitel von Buch und Ausstellung, was OB Remelé dazu verleitete zu behaupten, „dass das ein Thema ist, das uns Schweinfurtern ganz besonders am Herzen liegt. Nicht nur Stadt des Sports, der Industrie und der Kultur“ sei die einst freie Reichsstadt Schweinfurt, sondern eben auch eine, die nicht nur wegen ihrer Schlachtschüssel mit den drei Schlagworten eine ganze Menge anfangen könne. Auch Remelé befasste sich deshalb in den letzten Tagen mit alten Berufen, die wir nicht mehr so kennen“, wie dem des Häckers oder des Büttners. Auch deshalb sei das, was Lösch zusammenstellte, ein wertvoller historischer Beitrag.
Remelé, knapp über 40 Jahre alt, erinnerte sich an die einstige Gaststätte der Brauerei Wallbräu, „wo ich als Kind das Bier in Maßen genossen habe. Aber das ist ja leider Vergangenheit“, so der OB mit der Betonung, natürlich keinen Liter Gerstensaft getrunken zu haben. 1856 war es, und damit weit vor seiner Zeit, als Schweinfurt gerade mal rund 8400 Einwohner hatte, aber schon über 100 Lokale. „Unsere Vorfahren haben sich schon gerne in Gaststätten aufgehalten“, schließt Remelé daraus. 1885 gab es gar zwei „israelitische Restaurantionen“, wie man das früher nannte.
Ein Besuch auf der Maininsel lohnt sich, wo die beiden Edgars, Lösch und Kolb, am Dienstag, den 14. September, 17 Uhr, sowie am Samstag, den 16. Oktober, 19 Uhr, jeweils eine Führung durch die Ausstellung anbieten. Nicht nur für die Schweinfurter ist freilich auch das Buch ein Muss, das die Schweinfurter Bierbrauer aufzählt, an das Büttnerhandwerk erinnert und an die Schweinfurter Hockersteuer, das in Teil zwei dann Geschichten beinhaltet über 126 alte Schweinfurter Gasthäuser, Cafés und Weinwirtschaften. Herzog´s Brauerei (Zwinger 4, dort ist heute der Rummert-Ring), Zur Gemütlichkeit (Rittergasse, auf dem veröffentlichten Bild hängt über dem Eingang eine Fahne mit Hakenkreuz), die Spanische Weinhalle, die Gatstätte Möbelwagen (beides Brückenstraße), das Café Ruhland (Metzgergasse), das Schützenhaus auf der Maininsel oder die Fischbäckerei Elflein am Fischerrain sind nur ein paar ganz wenige von so vielen abgedruckten Erinnerungen.