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Im Interview Florian Töpper, Richter und SPD Unterbezirksvorsitzender

03.07.2012

Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Florian Töpper, Richter am Amtsgericht Schweinfurt, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag und Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Schweinfurt/Kitzingen, hat eine differenzierte Meinung zum Gesetzesantrag der Grünen. Bei unserem Gespräch in der Revista-Küche legte er Wert darauf, dass er, obwohl er auch von den Grünen zum Kandidaten für die Landratswahl nomminiert wurde, im Falle Waffengesetz nicht für die Grünen spricht. Töpper ist in Werneck geboren, in Schweinfurt und dann in Dittelbrunn aufgewachsen und 1998 in die SPD eingetreten. Töpper hat sein Abitur am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium gemacht und in Würzburg Rechtswissenschaften studiert, sein Referendariat im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg, mit den Stationen Staatsanwaltschaft Schweinfurt, Landgericht Schweinfurt, Anwaltskanzlei Wichtermann und Kollegen Schweinfurt, geleistet. In den bayerischen Justizdienst ist er eingetreten als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Bayreuth, 2002 in den Gemeinderat Dittelbrunn und Kreistag gewählt worden und 2008 zum 3. Bürgermeister der Gemeinde Dittelbrunn.

 

Die Grünen haben im November einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, mit Ziel möglichst viele Waffen aus dem Volk zu nehmen. Will man mit diesem Entwurf die Jagd und den Schießsport abwürgen?

Florian Töpper: Vorausschicken sollte man, dass die Probleme nicht nur bei den jeweiligen Besitzern der legalen Waffen liegen, sondern dass das größte Problem die illegalen Waffen darstellen, die in hoher Zahl im Umlauf sind. Allerdings, wenn man sich die beiden Gesetzentwürfe, die von den Grünen vorgelegt worden sind genauer ansieht, findet sich doch einiges, was man diskutieren sollte. Ich verstehe, wenn die Vertreter von Jagdverbänden und Schützenvereinen sehr sensibel reagieren. Gerade angesichts der Ereignisse auf der norwegischen Fjordinsel Utøya oder des versuchten Amoklaufes jüngst in Memmingen, fühlen sich die legalen Waffenbesitzer an den Pranger gestellt. Man sollte da entsprechend sensibel seitens der Politik vorgehen. Trotzdem erscheint mir die eine oder andere Forderung wert darüber zu diskutieren, insbesondere das Thema halbautomatische Schusswaffen, Schusswaffen bei denen es darum geht in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Schüsse abzugeben. Stellt sich für mich dann schon die Frage ob das tatsächlich erforderlich ist, im Schießsport und bei der Jagd.

 

Gesetzt den Fall, das Gesetz würde so beschlossen, wie könnten Ihrer Meinung nach diese vielen Waffen diesen Typs, genaue Zahlen gibt es ja noch nicht, eingesammelt, entschädigt oder irgendwie verwertet werden?

Florian Töpper: In diesem Fall wird man wohl ein Sonderopfer von den Besitzern abverlangen, so etwas ist im Rahmen unserer Rechtsordnung möglich. Das wäre eine Einschränkung mit der man leben muss. In meinem Bekanntenkreis gibt es einige Jäger und Mitglieder von Schützenvereinen, die sich bewusst sind, dass sie ein anderes Hobby ausüben wie ein Briefmarkensammler und deshalb auch unter einer stärkeren Beobachtung, was nicht bedeutet, dass sie unter stärkeren Verdacht seitens der Rechtsgemeinschaft stehen. Deshalb glaube ich, dass nur eine besonnene Debatte, gerade darüber, welche Waffen für den Schießsport oder zur Jagd unbedingt erforderlich sind, ergebnis-offen geführt werden.

 

Kann man dem Jäger, dem Schützen nicht auch zubilligen, dass das ein Hobby ist, das ihn mit Herzblut begeistert. Muss man das an der Frage, welche Waffen notwendig sind aufhängen?

Florian Töpper: Das muss unbedingt genauso in die Erwägung einfließen. Die Schützenvereine haben eine gesellschaftliche Funktion. Es ist ja nicht das Ziel, das Schießen auf Lebewesen oder andere Menschen zu trainieren. Es geht ja darum Konzentrationsfähigkeit zu schulen, es geht um Selbstbeherrschung das wird jeder aktive Schütze bestätigen. Dieses Hobby, diese Sportart verdient Respekt und nicht Generalverdacht. Es ist deshalb betrüblich, dass gerade beim Thema Waffenrecht nach solchen tragischen Ereignissen die Emotionen so hoch schlagen. Ich glaube, dass das ein Thema ist, das man durchaus auch nüchtern betrachten kann. Die Existenz der Schützenvereine und auch die Existenz der Jagd, die ja auch für die Biodiversität eine große Rolle spielt, kann man nicht ernsthaft infrage stellen. Das kann nicht der Ansatz bei dieser Diskussion sein. Die Diskussion muss aber dennoch geführt werden. Diese Ereignisse, wie sie immer mal wieder auftreten, dürfen, auch wenn sie Einzelphänomene sind, nicht in Vergessenheit geraten, schon deshalb nicht, weil dort Waffen zum Einsatz gekommen sind, bei denen man sich auch als Laie durchaus die Frage stellt, ob solche Waffen unbedingt notwendig sind, um damit aktiv Schießsport zu betreiben.

 

Bei der Anhörung zu diesem Gesetz im Ausschuss des Deutschen Bundestages hat ja nicht ein einziger der geladenen Sachverständigen und Gutachter pro Antrag plädiert. Keiner konnte an diesem Entwurf ein Plus an Sicherheit für die Bürger festmachen!

Florian Töpper: Die Initiative aus Winnenden war zur Anhörung angekündigt und hat sich krankheitsbedingt entschuldigt. Diese Umstände habe ich auch nur aus den Medien wahrgenommen. Ich für meinen Teil habe nicht ganz nachvollziehen können, warum z.B. der Vorschlag, Waffen und Munition getrennt aufzubewahren, tatsächlich so unpraktikabel sein soll. Es geht doch vor allem darum, den Zugriff Unbefugter auf diese Waffen zu verhindern.

 

Laufen diese Versuche, immer nur die Gesetze für den Bürger zu verschärfen, nicht auf blinden Aktionismus hinausUnter dem Strich ist doch kein tatsächlicher Sicherheitsgewinn für die Gemeinschaft erkennbar?

Florian Töpper: Dass man die gleichzeitige Aufbewahrung von Waffen und Munition in einer Privatwohnung untersagt, halte ich persönlich für praktikabel. Ich habe dazu momentan auch keine gegenläufige überzeugenden Stimmen gehört. Gesetzgeberischer Aktionismus kann ganz sicher nicht solche Taten verhindern. Die Gesetze sind hier immer nur ein Baustein. Es geht um Prävention insgesamt, die Ursachenforschung muss natürlich tiefer gehen. Es kann aber doch nicht ignoriert werden, dass diese Waffen irgendwie an die waffenführenden Täter gekommen sind, dass dabei auch Waffen benutzt worden sind, die geeignet sind in sehr kurzer Zeit möglichst viele Menschenleben auszulöschen.

 

Die Gesetze sind auch zum Zeitpunkt der Taten schon da gewesen und dennoch haben sich die Täter nicht darum geschert, sie haben die Gesetze einfach nicht befolgt.

Florian Töpper: Gesetze alleine sind es nie, es ist immer der Vollzug der gut ausgestattet sein muss. Ich lege großen Wert darauf, dass mir hier bei uns von Defiziten nichts bekannt ist. Aber es kommt schon entscheidend darauf an, die Personalausstattung in den Kreisverwaltungsbehörden, wo dann letztlich auch die Bundesgesetze vollzogen werden, so zu gestalten, dass diese verdachtsunabhängigen Kontrollen regelmäßig unangemeldet durchgeführt werden können. Der Landkreis München hat eine eigene Stelle geschaffen, dort betreibt man eine aktive Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Prävention im Mittelpunkt steht. Ganz entscheidend ist, dass man mit den Jagdverbänden und den Schützenvereinen spricht, dass Kommunikation stattfindet. Es geht um die berechtigten Interessen der Sportschützen und Jäger im Ausgleich mit bestmöglicher Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger. Es geht auch darum, Defizite, die gerade manchmal bei ererbten Waffen und bei Altbesitzern in Sachen Aufbewahrung bestehen, zu beseitigen. Das Modell von München lässt sich vielleicht, wenn die entsprechenden finanziellen Mittel vorhanden sind, auch auf andere Kreisverwaltungsbehörden übertragen.

 

Es gibt Stimmen, die sagen, dass bei dem Massaker auf Utøya ein einziger privater Waffenträger dem Morden auf der Insel hätte Einhalt gebieten können. Ist das nicht ein Argument gegen das Bestreben weniger Waffen im Volk?

Florian Töpper: Man hätte es sich schon gewünscht, dass dem Killer einer entgegengetreten wäre und im Rahmen der Nothilfe oder des Notwehrrechtes für das Ende des Dramas gesorgt hätte. Unsere Rechtsordnung bekennt sich aber eindeutig dazu, dass das Gewaltmonopol grundsätzlich beim Staat liegt. Beispiele aus den USA, ohne dass ich hier pauschal werden will, zeigen, dass mehr Waffen in privater Hand nicht unbedingt mehr Sicherheit bedeuten. Es kommt entscheidend darauf an, wer Waffen hat, wie kontrolliert wird. Es kommt hier auch auf eine persönliche Eignung und Befähigung an. Es ist meine persönliche Einstellung, dass möglichst wenig scharfe Waffen in Umlauf sind, was aber nicht bedeutet, dass es Persönlichkeiten gibt, die sind bei uns in den Schützenvereinen, in den Jagdverbänden und geeignet Waffen zu tragen, um damit verantwortlich umzugehen.

Gesetzgeberische Schnellschüsse halte ich nicht für angebracht. Aber wir können auch nicht so tun, als könnte man als Gesetzgeber überhaupt nicht steuernd auf die Gefahren, die grundsätzlich von jeder Waffe ausgehen, einwirken. Es gibt übrigens auch Sportler wie z.B. Olympiasieger Ralf Schumann, der gesagt hat ‚das Sportschießen mit scharfer Munition wird sich irgendwann schon aus Kostengründen erledigt haben, es wird in Richtung Laserschießen laufen‘.

Ich finde es nur schade, dass die Emotionen angesichts der Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, so hoch schlagen. Den Grünen ist klar, so steht es jedenfalls in der Einleitung zu den Anträgen, dass den Schützenvereinen und der Jagd eine wichtige gesellschaftliche Rolle zukommt. Es wäre schade, wenn das Ganze wieder versanden würde, es würde auch den Opfern von Winnenden und Utøya nicht gerecht. Es ist auch im Interesse der Vereine und Verbände, dass das ganze Thema breit diskutiert wird und sich die Interessen nicht wie zwei Dampflokomotiven aufeinander zu bewegen. Gesetzgebung ist immer ein dynamischer Prozess, der auch innerhalb der Gesellschaft verankert sein muss.

 

Die Fragen stellte Jürgen Kohl – jkohl@revista.de

Aus der aktuellen Ausgabe SWmagaz.in: http://swmagaz.in/swmagaz-in-ausgabe-06-2012

 

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