München: Vergangene Woche trafen sich Vertreter des Eigenheimerverbandes Bayern e.V. und Verband Wohneigentum Landesverband Bayern e.V. im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr in München, um mit Staatssekretär Gerhard Eck über mögliche Änderungen des Straßenausbaubeitragsrechts zu sprechen. Am 1. April ist das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes in Kraft getreten, das zahlreiche Neuerungen im Bereich des Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrechts mit sich brachte.
Beide Verbände hatten im Vorfeld der Gesetzesverabschiedung und einer Expertenanhörung am 15.07.2015 im Bayerischen Landtag große Bedenken und Gegenwehr angemeldet – dennoch wurde das Gesetz verabschiedet. Der Straßenausbaubeitrag ist eine Kommunalabgabe, die u. a. für die Erneuerung und Verbesserung von Ortsstraßen erhoben wird. Der Straßenbaubeitrag hat seine rechtliche Grundlage in den Kommunalabgabengesetzen der Bundesländer und den örtlichen Straßenausbaubeitragssatzungen der Gemeinden. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Erschließungsbeitrag, der in Bayern im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern ebenfalls im Kommunalabgabengesetz geregelt ist. Während der Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung einer Verkehrsanlage (Straße, Weg, Platz) erhoben wird, ist Gegenstand des Straßenbaubeitrags eine spätere, auf die erstmalige endgültige Herstellung folgende Baumaßnahme an einer Verkehrsanlage, die vom Umfang über eine reine Unterhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme hinausgeht.
Neu ist, dass bayerische Gemeinden seit 1.4.2016 anstelle von einmaligen Ausbaubeiträgen wiederkehrende Beiträge für das ganze Gemeindegebiet oder Teile hiervon erheben können. Auf diese Weise werden nicht nur die Anlieger einer Straße mit Beiträgen belastet, sondern sämtliche Grundstückseigentümer in dem regelmäßig deutlich größeren Ermittlungsraum, was dazu führt, dass die wiederkehrenden Beiträge in der Regel deutlich niedriger sind als die klassischen Einmalbeiträge. Die Gemeinden entscheiden nach dem Gesetzeswortlaut selbst, welche Art von Beiträgen sie erheben wollen.
Nun traf man sich zu einem „runden Tisch“, um Nachbesserungen vorzubringen. Zunächst stellten Präsident Siegmund Schauer vom Verband Wohneigentum Bayern und Heinz Amling vom Eigenheimerverband Bayern die Situation dar und erläuterten, dass aus der Sicht der beiden Verbände mit der Neuordnung viele Nachteile für Hausbesitzer entstanden seien. Sie zeigten sich enttäuscht, dass eine von knapp 60.000 Unterstützern getragene Petition an den Landtag zur vollständigen Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen abgelehnt worden war. Die große Anzahl an Unterstützern hätte gezeigt, dass dies ein Thema bei den Eigenheimbesitzern mit hoher Brisanz ist. Schließlich habe man beim Bau des eigenen Hauses schon einmal für den Anschluss und den Bau der Straße eine Abgabe an die Kommune gezahlt. Gerade bei älteren Mitbürgern kommen dann fällige Beiträge einer Enteignung durch die Kommune gleich, wie Amling ausführte, da Rentner keinen Kredit mehr erhielten und mögliche Erben mit eigenem Eigentum dies auch nicht zusätzlich leisten könnten. Aus Sicht des Verbandes Wohneigentum und des Eigenheimerverbandes sind Straßensanierungen immer aus allgemeinen Steuermitteln zu leisten.
Besonders ungerecht sei, so Schauer, dass noch nicht einmal alle Kommunen einen solchen Ausbaubeitrag erheben. Es sei nicht einzusehen, dass Bürger einer armen Kommune zahlen müssten, während dies in Kommunen mit hohen Steuereinnahmen nicht der Fall sei. Aus seiner Sicht werde dadurch die Abwanderung aus dem ländlichen Raum noch verstärkt, da zu den zusätzlichen Aufwendungen mit Fahrten zu Arzt, Einkauf und Schulen noch ein unkalkulierbares Risiko an Ausgaben hinzukommt. Meist genau dann, wenn man sein Eigenheim schuldenfrei hat. „Kein Hausbesitzer kann heute mehr sicher sein, dass die Gemeinde eine Straße nicht saniert und die Kosten auf die angrenzenden Hausbesitzer verteilt – das kann viele, vor allem ältere Haus-Eigentümer an den Rand der Existenz bringen“, so der Präsident des Verbandes Wohneigentum. Außerdem gebe es in Bayern ein starkes Ungleichgewicht bei der Umsetzung des Gesetzes. Im Regierungsbezirk Unterfranken nutzen 97 % der Kommunen die Möglichkeit der Umsetzung der Straßenausbaubeitrags-satzung, wogegen in ganz Bayern dieser Wert bei ca. 63%. (inklusive Unterfranken) liegt. Er schlussfolgerte, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ungleich, ungerecht, unsozial und mit vielen Nachteilen für die Bürger verbunden sei. Schauer dazu: „Der Verband Wohneigentum und der Eigenheimerverband Bayern fordern von Ländern und Kommunen die Herauslösung der Beitragspflicht für den Ausbau von Ortsstraßen aus dem Kommunalabgabengesetz der Bundesländer, eine Finanzierung der Ortsstraßen aus Steuermitteln und die Verpflichtung der Kommunen zur Errichtung eines nachhaltigen Straßenbaumanagements zur Kosteneinsparung für Kommunen und Bürger.“
Staatssekretär Gerhard Eck, der vor seiner Tätigkeit im bayerischen Ministerium des Innern selbst jahrelang Bürgermeister in einer Gemeinde in Unterfranken war, ging im Folgenden auf die einzelnen Argumente der Verbände ein. Dass nicht alle Gemeinden eine Ausbaubeitragssatzung haben, sei auf die bestehende „Soll“-Regelung in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG zurückzuführen. Daran habe sich durch das Gesetz zur Änderung des KAG vom 8. März 2016 nichts geändert. Letztlich könne man es besonders leistungsfähigen Gemeinden nicht
verwehren, auf Ausbaubeiträge zu verzichten. Einen Zwang aller Gemeinden zur Beitragserhebung lehnte Eck mit Blick auf das in der Bayerischen Verfassung verankerte Recht auf kommunale Selbstverwaltung ab. Damit Hausbesitzer durch Beiträge gerade nicht „um ihre Existenz gebracht“ werden habe der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von neuen Instrumenten in das Kommunalabgabengesetz aufgenommen. Hierzu gehören neue Möglichkeiten der Gewährung von Ratenzahlung und der Verrentung auch abseits sozialer Härten sowie des Erlasses in bestimmten Situationen. Hierzu gehöre auch eine künftige Beschränkung der Erhebung von Erschließungsbeiträgen 25 Jahre nach Beginn der erstmaligen technischen Herstellung beginnend ab dem Jahr 2021. Dass die Gemeinden bei der Umlegung von Kosten etwas Zurückhaltung üben und nur die notwendigen Maßnahmen umlegen sollen, hat der Gesetzgeber durch die Aufnahme des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Gesetz deutlich gemacht. Eck verwies hierzu auf die sehr ausführliche, lesenswerte Gesetzesbegründung. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber eine neue Verpflichtung für die Gemeinden in das Gesetz aufgenommen, Grundstückeigentümer möglichst frühzeitig über später beitragspflichtige Vorhaben, aber auch das Beitragserhebungsverfahren und mögliche Billigkeitsmaßnahmen zu informieren. Eck stellte in diesem Zusammenhang klar: „Es gibt viele Gemeinden, die vor einer Baumaßnahme ihre Bürger befragen und erst dann sanieren.“
Heinz Amling vom Eigenheimerverband Bayern konnte berichten, dass Kommunen in Bayern massiv zur Umsetzung des Gesetzes gedrängt würden und dass Gespräche mit Bürgern im Vorfeld von Baumaßnahmen oft ausblieben. Und Wolfgang Kuhn, ebenfalls Mitglied im Landesvorstand des Eigenheimerverbandes Bayern merkte an: „Seit geraumer Zeit melden sich immer mehr Hausbesitzer bei uns, die hohe Beträge kurzfristig für Sanierungen von Anliegerstraßen bezahlen müssen und dies einfach nicht können“.
Um in der Diskussion voranzukommen, bat Eck die Verbändevertreter, ihm konkrete Vorschläge zu unterbreiten. „Wir können kurzfristig das Gesetz nicht rückgängig machen oder verändern, aber wir werden Ihre Vorschläge gerne überprüfen“, so der Staatssekretär. Er selbst sei nach wie vor der Meinung, dass es wichtig und richtig sei, Grundstückseigentümer möglichst frühzeitig über ein beabsichtigtes Vorhaben zu informieren: „Mit Hilfe einer möglichst frühzeitigen Information können sich die Bürger einbringen und auf diese Weise auch ein Stück weit „mitentscheiden“. Das ist allemal besser, als im Nachhinein Beschwerden, Anfechtungen und Klagen auf den Tisch zu bekommen. Ich habe es immer so gehalten, dass ich die Menschen einbezogen habe, und bin damit immer gut gefahren.“
Siegmund Schauer und Heinz Amling fassten die Vorstellungen der Verbände abschließend konkret zusammen: „Uns ist klar, dass eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge nur langfristig zu erreichen ist. Eine gute Änderung wäre aber, wenn man die Kommunen zur Einführung eines Straßenbaumanagements verpflichten würde und diese einen Nachweis erbringen müssten, welche Sanierungen nach der Ersterschließung getätigt wurden. Denn momentan kommen viele Kommunen ihrer Pflichtaufgabe zur Sanierung von Ortsstraßen nicht nach, lassen Straßen vergammeln, weil im Hinterkopf der Gedanke ist, dass bei einer Neuerrichtung die Bürger zahlen – das ist ein Zustand, den wir als bürgernahe Verbände nicht hinnehmen können. Und Manfred Solbrig vom Eigenheimerverband Bayern ergänzte: „Am Ende sollten die Kommunen im Rahmen der Selbstverwaltung eigenständig entscheiden können, wie die jeweiligen Straßenausbaumaßnahmen finanziert werden sollen.“
Am Ende des einstündigen Gespräches mit dem Staatssekretär wurde ihm von den Verbänden noch die Frage nach dem Stand der Grundsteuer gestellt. Dieser Punkt sei nach wie vor offen und mit einer generellen Entscheidung oder Änderung wohl nicht mehr vor der Bundestagswahl 2017 zu rechnen, so der Bayerische Staatssekretär.
Nach einem informativen und offenen Gespräch verabschiedete Staatssekretär Eck die Vertreter des Verbandes Wohneigentum Bayern und des Eigenheimerverbandes Bayern mit dem Versprechen, den Kontakt auch in Zukunft nicht abreißen zu lassen.
Bild: Von links nach rechts: Wolfgang Kuhn (Eigenheimerverband Bayern), Bernd Zechmann (Verband Wohneigentum), Heinz Amling (Eigenheimerverband Bayern), Staatssekretär Gerhard Eck, Siegmund Schauer (Verband Wohneigentum), Manfred Solbrig (Eigenheimerverband Bayern)