Schonungen: Jeder spricht darüber, wenige wissen, was das Wort eigentlich bedeutet. Die Förster finden es modern – seit 300 Jahren, sagt Reiner Seufert, selbst seines Zeichens Revierförster. Die Rede ist von der Nachhaltigkeit. Heute versteht man unter Nachhaltigkeit nicht mehr nur, dass für jeden gefällten Baum ein neuer heranwachsen muss. „Wir sind beim Dreiklang der Nachhaltigkeit angekommen. Wir nutzen den Wald, wir schützen das Ökosystem Wald und wir sorgen dafür, dass Sie sich im Wald erholen können.“, so Seufert. Der Zeitpunkt für eine mobile Bürgerversammlung hätte also nicht besser gewählt werden können: So lud Bürgermeister Stefan Rottmann im Jubiläumsjahr der nachhaltigen Forstwirtschaft nicht in eine Gaststätte oder gar Sportheim – nein, zwei Busse standen bereit um die über 80 interessierten Bürgerinnen und Bürger auf eine Entdeckungsreise in den Gemeindewald mitzunehmen.
Mit 1.239 Hektar Waldbestand verfügt die Großgemeinde Schonungen über eine regelrechte Schatzkammer, sagte Bürgermeister Stefan Rottmann in seiner Begrüßung. Die Gesamtflächen mit ihren Baumbeständen haben einen Wert von fast 25 Mio. Euro (ein Hektar = durchschnittlich 20.000 Euro). Der Gemeindewald ist aber nicht nur für die Holzproduktion wichtig, sondern erfüllt gleichzeitig zahlreiche andere wichtige Funktionen, wie beispielsweise die Erholungsfunktion mit Wanderwegen und idyllischen Oasen für die Ruhe und Erholung sowie einen Lebensraum für die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Abwechslungsreiche Waldabteilungen und Landschaften mit verborgenen Wiesengründen, Bachläufen und Schluchten bieten dem Wanderer viel Abwechslung. Gleichzeitig ist der Gemeindewald ein wichtiger Kohlenstoff- und Trinkwasserspeicher. „Unser Wald ist immer wieder für Überraschungen gut und bietet den Wanderern immer wieder neue Perspektiven und Eindrücke!“, erklärt Bürgermeister Stefan Rottmann. Der traditionelle Bürgerwaldtag, der im regelmäßigen Turnus stattfindet, soll den Menschen die Baum-, Pflanzen- und Tierwelt wieder etwas näher bringen. Rottmann freute sich über die große Resonanz: Viele Bürger sind zum ersten Mal dabei.
Wer könnte darüber mehr Bescheid wissen als Revierförster Reiner Seufert, mit dem gemeindlichen Forstteam um Forsttechniker Thomas Helmschrott? Mit plakativen Bildern, Diagrammen und Schaubildern gab Forstexperte Seufert eine kleine Einführung in den Gemeindewald und seine Entwicklungen. Besonders der Klimawandel stellt den Forstbetrieb vor neuen Herausforderungen. Bei 2 Grad Klimaerwärmung verschwinden in den nächsten 100 Jahren etliche Baumarten wie beispielsweise die Fichte. Andere fremde Baumsorten wie beispielsweise die Douglasie fühlen sich mittlerweile auch in unseren Breitengraden wohl. Schon jetzt wird der Wald für die neuen Klimabedingungen fit gemacht, erklärt Seufert und zeigt Strategien auf. Besonders auf eine gute Durchmischung der Baumarten kommt es an: Eine einseitige Waldbewirtschaftung hätte große wirtschaftliche Risiken, sollte es negative Preisentwicklungen auf dem Holzmarkt geben oder Schädlinge eine bestimmte Baumart befallen. Die Baumarten im Gemeindewald Schonungen verteilen sich auf etwa 90% Laubholz und 10 % Nadelholz. Von den 90 % Laubholz entfallen auf die Eiche 40%, auf die Buche 23 % und auf die Hainbuche 14 %. Andere Laubholzarten, wie z.B. die Kirsche, Birke oder Esche nehmen einen Anteil von 12 % ein.
Breiten Raum seines Vortrags nahm das Thema „Waldverjüngung“ ein: Das Schonunger Forstoperat (Waldbewirtschaftungsplan) ist so angelegt, dass von den jährlich 7.900 heranwachsenden Festmetern nur 6.300 tatsächlich geerntet werden. So sei gewährleistet, dass der Wald nicht ausgebeutet, vielmehr sogar aufgeforstet würde. Während der Begehung im Forstabteil „an den Röthen“ zeigte Förster Reiner Seufert immer wieder gelungene Beispiele von heranwachsenden Baumbeständen. Statt aufwendiger Zaunanlagen, werden die Triebe in Hülsen angepflanzt, um sie vor Wildverbiss zu schützen. In diesem Zusammenhang lobte Seufert auch das Zusammenspiel zwischen Forstbewirtschaftung und Jagdgenossenschaften. Nur dort, wo es allerdings das Sonnenlicht auf den Waldboden schafft, haben nachwachsende Baumarten eine Chance. „Wir müssen das Spiel mit dem Licht beherrschen!“, erklärt der Förster das Grundprinzip der Waldbewirtschaftung. Warum der abgestorbene Baum noch nicht entfernt wurde, wollte eine Bürgerin wissen und deutet auf eine karge Eiche. Auch dort entwickelt sich Leben: Und schnell hat Reiner Seufert am Baumstamm einige vom Specht bearbeitete Hohlräume ausfindig gemacht. Todholz habe im Wald eine ganz besondere Funktion: Oftmals ist das Gehölz als so genannter „Vogelbaum“ markiert. Und gerade Vögel oder nützliche Insekten bräuchten ein Zuhause, um Epidemien bzw. Schädlingsbefall einzudämmen.
Ein Highlight stand zum Schluss der Exkursion dann doch noch auf dem Programm: Nach wenigen Gehminuten erreichten die Bürgerinnen und Bürger den Hausener Steinbruch, der seit vielen Jahren sich selbst überlassen wird. Steilhänge und ein kristallklarer „Bergsee“ bildeten ein beeindruckendes Panorama. Die Natur hat sich das Gelände zurückerobert und viele neue Pflanzen und Tierarten haben sich dort beheimatet. Sogar ein Uhu konnte kürzlich beim Brüten beobachtet werden, wie Reiner Seufert berichtet.
Es war eine rund um gelungene Exkursion, wie Bürgermeister Stefan Rottmann am Ende der etwa vierstündigen Begehung lobte. Viele Geheimnisse konnten dem Wald entlockt werden: Besonders aber viel Fachwissen und viele Eindrücke über den heimischen Wald vermittelt werden. „Als waldreichste Gemeinde können wir auf unseren Schatz sehr stolz sein!“, zeigte sich Reiner Seufert und Stefan Rottmann beeindruckt. Auch für Alexander Löbel, dem neuen Forstauszubildenden war es ein besonderes Erlebnis. Ab September gehört er neben Thomas Helmschrott, Roland Braun und Georg Räth dem gemeindlichen Forstbetrieb an. Natürlich durfte am Ende einer Waldexkursion eine zünftige Brotzeit nicht fehlen: Am Forstbetriebsgebäude in Waldsachsen wurden Sitzgarnituren aufgeklappt, Bier ausgeschenkt und heiße Würstchen mit Senf und Brötchen ausgereicht.