Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Als Kind hat sie sich nicht vorstellen können einmal in ‚Oma-Kleidern‘ herumzulaufen. Von ihrer Oma war sie es gewöhnt, die ist als ‚Fräle‘ im Alltag so durchs Dorf gelaufen. Als Monika 16 Jahre alt war, wurde gerade in Geldersheim der Verein für Heimat- und Brauchtumspflege Geldersheim e. V. gegründet.
Man hat Monika, wie viele junge Mädchen in diesem Alter, gefragt, ob sie nicht Lust hätte bei einem der ersten Tanzkurse mitzumachen.
Ihren heutigen Ehemann hat sie damals schon gekannt und beide haben zusammen sich mit einer ganzen Clique in die Liste geschrieben.
Das war zu dieser Zeit schon eher außergewöhnlich, denn andere in dieser Altergruppe haben ihre Freizeit lieber in der Disco verbracht.
Der Tanzkurs mit den fränkischen Tänzen hat den beiden gut gefallen und sie sind geblieben, bis heute. Das war 1989, da haben sie auch gleich bei der Kirchweih mitgemacht und ein Jahr später,1990 haben sie die eigentliche Tanzgruppe gegründet innerhalb des Vereins.
Der Unterschied zu einem modischen Dirndl im Landhaus-Stil auf dem Oktoberfest ist für sie, dass sie zur Kleidung wie sie ihre Vorfahren getragen haben einen persönlichen Bezug hat.
„Ich habe es ja bei meiner Oma erlebt. Es war ihre ganz normale Kleidung, nichts Besonderes. So betrachte ich das eigentlich auch, ich versuche, ein Stück dieser Zeit wiederzubeleben. Zur Arbeit kann man heute kaum in diesen alten Stücken gehen, zu Veranstaltungen aber schon.”
Das erste Mal
Monika Erhard kann sich erinnern, wie sie sich zum ersten Mal gefühlt hat, als junges Mädchen in den Kleidern ihrer Oma: „Es war irgendwie ungewohnt, aber es hat mir von Anfang an gut gefallen. Irgendwie anders hab ich schon gefühlt, schon als etwas Besonderes. Nicht jeder hat solche handwerklich doch recht wertvollen Stücke zu Hause herum hängen. Von vielen Verwandten haben wir im Laufe der Zeit viele Stücke geschenkt bekommen, heute habe ich schon eine richtige Sammlung.”
Die Trachtensammlung
So eine Sammlung will mit großem Aufwand gepflegt und gehegt sein. Immer wieder muss irgendwas gerichtet oder geflickt werden. Da gehört viel Liebe und Zeit dazu. „Meine Mutter hat großes Talent zum Nähen. Sie hat schon viele Stücke restauriert, auch so heikle Sachen wie Blusen oder Unterröcke. Ein altes Tanzhemd von Oma ist auf diese Weise erhalten worden, das ziehe ich heute noch gerne an und halte es in Ehren. Im Haus meiner Mutter haben wir ein ganzes Zimmer mit Schränken ausgestattet, die hängen voller Trachten. Gegen die Motten habe ich ein profates Mittel, in unserem Garten wächst Lavendel, den mögen die Motten überhaupt nicht, Der Lavendel wird natürlich jedes Jahr ausgewechselt.”
Oktoberfest-Umzug
Beim Oktoberfest-Umzug war sie selbst schon dreimal dabei. Die fränkische Tracht wird nicht immer gleich als solche betrachtet. Die fränkischen Männer werden von den Münchnern oftmals als Piraten bezeichnet, wegen der fränkischen Kopfbedeckung, dem Dreispitz.
Die Franken als ‚Piraten‘
„Wir fallen schon auf, wenn wir in Oberbayern bei einem Festzug mitlaufen, weil wir ganz aus dem Rahmen fallen. Die unterfränkische Tracht ist schon etwas Besonderes, weil bei uns auch jeder anders ausschaut. Die Tracht ist nicht einheitlich, wie das in Oberbayern normal ist, die haben alle einheitliche Gruppen mit Lederhose, Wams usw. Die Einheit macht zwar im Festzug Eindruck, aber die Vielfalt ist bei uns größer. Beim Festzug wird normalerweise Festtracht angezogen, aber man hat nicht immer sofort eine passende Männertracht parat, da maschiert man auch schon mal in Arbeitstracht mit.”
Bei den Erhards ist die ganze Familie dabei, wenn um die Trachten geht. „Ich war letztes Jahr am Tag der Deutschen Einheit in München. Auf dem roten Teppich habe ich der Bundeskanzlerin die Hand geschüttelt. Sie hat festgestellt, dass wir ganz besonders schön sind.”
Mit Oliver beim Papst
„Mein Jüngster hat zusammen mit einem Mädchen aus Oberelsbach Blumen überreichen dürfen an den Bundespräsidenten. 2006 als der Papst in München war, war ich mit Oliver dort, auch am roten Teppich, so nah sieht man den Papst selbst auf dem Petersplatz in Rom nie. Es gibt schon viele Ereignisse, die man ohne Tracht gar nicht erleben würde.”
Tracht macht Spaß,
quer durch alle Altersgruppen stellt Monika Erhard fest. „Wir sind offen für alle. Es kommen im Laufe des Jahres immer wieder neue Leute dazu. Jeder, der Lust hat, kann bei uns vorbeikommen, wir haben alle 14 Tage Tanzprobe im Feuerwehrhaus in Geldersheim mittwochs um 20.30 Uhr. Als Anhaltspunkt: Die Kinder haben bei der Biotonne, Erwachsene bei der schwarzen Tonne Tanzprobe. (In dieser Reihenfolge werden in Geldersheim die Tonnen geleert,) jeder kann bei uns vorbeikommen, mittanzen oder sich das einfach nur anschauen.”
Jürgen Kohl