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Leserkommentar: Verbiß ist eben nicht gleich Schaden!

10.02.2010

Gerolzhofen: Martin Rügamer – Hegeringleiter Gerolzhofen: Seit gut vierundzwanzig Jahren fordern die Forstbehörden, alle drei Jahre wiederkehrend, die Abschusserhöhung für das Schalenwild.

Die Begründung für den radikalen Abschuß soll das sehr strittige Verbissgutachten liefern, dessen einseitige Betrachtungsweise und Auslegung selbst bei Forstfachleuten sehr kritisch gesehen wird.

Hilft dies nicht, gibt es ja noch den, milde ausgedrückt, sehr zweifelhaften Grundsatz „Wald vor Wild“, den manche Forstleute als Freibrief ansehen. Das Argument Wald vor Wild rechtfertigt eben nicht die ständige Erhöhung der Rehwildabschusszahlen.

Wie kann man ernsthaft ein Säugetier niedriger einschätzen als eine Pflanze? Besser wäre der Grundsatz „Wald und Wild“.

Viele Jäger haben dieses Thema leid, da die Diskussion bzw. die Betrachtungsweise nur einseitig verläuft und immer zu Lasten des Schalenwildes (Reh- und Rotwild) ausgelegt wird.

Das Hauptproblem ist die einseitige Auslegung des Verbissgutachtens, welches sich nur nach den Pflanzen mit Verbisszeichen orientiert und nicht nach der Fülle der noch vorhandenen Pflanzen ohne Verbisszeichen.

Anstatt von Verbisszeichen zu sprechen, wird in den Verbissgutachten generell von Verbissschäden gesprochen. Hierdurch wird dem Betrachter/Leser gleich suggeriert, es handle sich um einen generellen Schaden. Jedoch ist Verbiß nicht gleich Schaden, denn Pflanzen können auch Schalenwildverbiß ausgleichen.

Es wird auch nicht groß unterschieden, ob die Verbisszeichen vom Rehwild oder vom Hasen stammen oder ob die Knospen von Mäusen angenagt wurden. Pauschal wird es dem Rehwild zugeordnet.

Anstatt die nicht verbissenen Pflanzen aufzunehmen, werden in dem Gutachten lediglich die Pflanzen mit Verbisszeichen aufgenommen.

Dies sagt aber nicht aus, wie viele unbeeinträchtigte Pflanzen d.h. Bäumchen ohne Verbisszeichen vorhandenen sind, die dann später letztendlich zum Einschlag, vereinfacht gesagt, zur Ernte benötigt werden.

Für den Einschlag benötigt der man in der Regel ca. 2500 -3000 Bäume pro Hektar. Dies entspricht ca. 0,25-0,30 Pflanzen/Bäumchen pro m² (Quadratmeter).

Bei den Aufnahmeflächen und den hier angetroffenen Bewuchs könnte der Verbiß weit über 50% liegen, und es wären immer noch mehr Bäume zum Einschlag vorrätig als bei den oben genannten Zahlen.

Um unseren allgemeinen deutschen Mentalitätsvorwürfen gerecht zu werden, werden also nur die schlechten Pflänzchen gezählt.

Gibt es einen Bauern, der nur die schlechten Zuckerrüben auf seinem Acker zählt und nach der Anzahl der faulen und schlechten Rüben seinen Ertrag abschätzt? Ein Bauer sieht immer sein ganzes Feld und er schätzt seine Ernte an der Mehrzahl der gut wachsenden Rüben und nicht an den schlechten.

Andere Wachstumsbeeinträchtigungen als Wildverbiß bleiben in der Gesamtbetrachtung völlig unbeachtet.

Schäden durch Pilze, Bakterien, Umweltgifte, mangelnder Lichteinfall oder Wassermangel gibt es in der Gesamtbeurteilung nicht, als hätten diese Faktoren keine Auswirkung auf den Waldbestand.

Warum bleiben Forschungsergebnisse aus anderen Ländern (wie z. Bsp. Österreich), die bereits Aussagen, dass einige Baumarten einen Verbiss problemlos überstehen und in ihrem Wachstum keine oder nur geringe Verzögerungen aufweisen, hierzulande unbeachtet?

Ähnlich ist es mit Aussagen von privaten Forstleuten, die auf Grund ihrer waldbaulichen Maßnahmen sowie Fütterung in Notzeiten, keine oder tolerierbare Verbißprobleme haben.

Das Amt für Landwirtschaft und Forsten (ALF) bemängelt weder waldbauliche Fehler Ihrer Forstkollegen, noch die nicht unerheblichen Rücke- oder Einschlagschäden. Ebenso wenig werden die Forstämter daraufhin hingewiesen, dass zu einem naturbelassenen Waldbau auch Unterholzarten gehören, wie Holunder, Hartriegel, Weiden, Berberitze und andere Weichhölzer, sog. Verbiss- oder Fegehölzer.

Man wünschte sich, dass bei der Umsetzung von Hegerichtlinien das ALF genauso eifrig dahinter wäre, wie bei der Feststellung von Verbisszeichen.

Bestehende Hegerichtlinien für das Schalenwild interessieren jedoch nicht, werden einfach ignoriert.

Als Lösung wird seit nun mehr als 24 Jahren der verstärkte Abschuß des Rehwildes bzw. Rotwildes empfohlen. Ideenlos, aber selbst für Einfaltslose umsetzbar.

Die Erhöhung der Abschusszahlen in den letzten 24 Jahren liegen hochgerechnet in manchen Revieren bei 200 bis 300% über den Abschusszahlen aus den 80er Jahren. Würde man die gleiche Erhöhung auf die Hasenstrecken umlegen und genauso konsequent durchführen, stünde der Hase schon auf der Liste der gefährdeten Arten.

Heute ist es legal Drückjagden auf Rehwild durchzuführen, weil sich nur so die hohen Abschüsse erfüllen lassen. Doch meist bleiben bei diesen Jagden Jagdethik, Waidgerechtigkeit und tierschutzrechtliche Forderungen mit auf der Strecke.

Was bei diesen Jagden zählt sind vorrangig die Stückzahlen, nicht die Tiere.

Die waldbaulichen Probleme sind nicht mit dem einseitigen Abschuß des Schalenwildes zu lösen. Unser Rehwild braucht verbesserte Lebensräume, Einstände und ausgewiesene Ruhezonen. Der Wald ist nun einmal auch der Lebensraum unseres Rehwildes.

Wir als Jäger, denen ständig vorgehalten wird, wir seien Schießer und was sonst noch, wir treten für den Schutz unseres Schalenwildes und für eine waidgerechte Form der Bejagung ein, nicht Tier- oder Naturschützer. Wir, die Jäger, die üblicherweise die Rehe erlegen, machen uns Sorgen über den Umgang mit unserem Schalenwild, denn Jagd ist im gleichen Umfang auch Hege und Schutz des Wildes. Wir sind nicht das Ausführungsorgan zur Erfüllung überzogener und ständig steigender Abschusspläne, denn das hat mit Jagd nichts mehr zu tun.

Martin Rügamer – Hegeringleiter Gerolzhofen

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