Hammelburg: Schlauchboote der Bundeswehr fahren auf der Fränkischen Saale zwischen Westheim und Diebach. Sie sind besetzt mit Kindern im Alter von 3 bis 14 Jahren und ihren erwachsenen Betreuern in Uniform und Zivil, weithin sichtbar durch knallorange Schwimmwesten. Den Kindern macht das augenscheinlich, trotz des kühlen Wetters, riesigen Spaß. Eifrig bewegen sie mit den für sie doch recht großen Paddeln die Boote und stellen sich schon recht geschickt an.
Kein Wunder, haben sie das doch am Vortag schon auf dem Trockenen geübt – im Zeltlager in der Kaserne, auf dem Lagerberg. Nach anstrengenden zehn Kilometern Paddeltour ist in Hammelburg Rast und alle langen bei den heißen Würstchen kräftig zu, die hier von fleißigen Helfern angeboten werden. Nun ist für die letzten fünf Kilimeter bis Diebach wieder genug Kraft getankt und es kann weiter gehen.
Nach dem anstrengenden und erlebnisreichen Tag freuen sich alle auf das Eisessen, das am Abend in der Kantine „Bundspecht“ stattfindet.
Bereits das vierte Jahr in Folge wurde auch in diesem August unter Federführung der Infanterieschule in der Saaleckkaserne Hammelburg zwei Wochen lang ein Ferienlager für 42 Kinder von Soldaten und zivilen Beschäftigten durchgeführt. Mit der Ferienbetreuung soll den Eltern, die in dieser Zeit keinen Urlaub machen können, während der Dienst- und Arbeitszeit die Sorge um die Betreuung der Kinder abgenommen werden.
Zusätzlich waren in der ersten Woche 35 Kinder aus der Partnergemeinde Grafenrheinfeld zu Gast in der Saaleckkaserne und verbrachten ihre Ferien gemeinsam mit den Kindern der Soldaten und Zivilbeschäftigten. Das geht auf eine über zwanzigjährige Tradition gemeinsamer Ferienveranstaltungen zurück, die einst mit einem zweitägigen Zeltlager bei Diebach begann, wie die Grafenrheinfelder Bürgermeisterin Sabine Lutz erzählt. Sie war damals als Betreuerin dabei und denkt gern daran zurück.
Untergebracht waren alle Kinder und Betreuer in einem Zeltlager in der Nähe der Sportanlagen in der Kaserne. Für die Übernachtungen wurden Feldbetten aufgestellt und die Kinder brachten Schlafsäcke mit. Alle Kinder waren in Gruppen eingeteilt. Diese trugen Tiernamen wie Luchs oder Wolf. Am Zelteingang der Gruppe war dann ein Bild von diesem Tier aufgehängt – und eins von dem gleichnamigen Bundeswehrfahrzeug. So wusste jedes Kind immer, wo es seine Sachen abgelegt hat oder wohin es sich zurückziehen kann, um auszuruhen. Verpflegung gab es für alle in der Truppenküche, die den Kindern immer ein abwechslungsreiches und schmackhaftes Essen anbot. Die 13 Kleinsten zwischen 3 und 6 Jahren wurden in einem Extrazelt liebevoll von vier erfahrenen Betreuerinnen umsorgt, die mit ihnen altersgerecht bastelten und spielten und dafür sorgten, dass sie sich wohl fühlen. Wenn es den Kleinen zu kühl wurde, konnte auch ein Heizgerät in Betrieb genommen werden.
Gesamtleitender war Oberleutnant Ewald Full, selbst Familienvater und Offizier im Stab der Infanterieschule. Er ist froh, so viele tüchtige Mitstreiter zu haben, die die Ferienbetreuung überhaupt erst möglich machten. Alle Betreuerinnen und Betreuer sind Freiwillige – sechs vom Lagerberg ebenso wie neun Grafenrheinfelder. Dazu gibt es noch ein Organisationsteam von acht Helfern aus der Kaserne, unterstützt von vielen weiteren Helfern hinter den Kulissen. Manche von ihnen waren schon das vierte Mal in Folge dabei und es machte Ihnen allen großen Spaß, obwohl es auch anstrengend war. Auch der Personalrat der Infanterieschule unterstützte durch das Mitwirken mehrerer Mitglieder.
Die Kinder waren jedenfalls alle begeistert und mit Feuereifer dabei. Sport und Spiel wurden auf den zahlreichen Sportstätten oder in den Zelten angeboten. Bei Regenwetter konnten auch die Sporthallen und andere Betreuungsräume genutzt werden. Ständig flitzten Jungen und Mädchen mit Bällen oder anderen Sportgeräten umher. Für eine abwechslungsreiche Ferienwoche der Kinder waren darüber hinaus eine Vielzahl an Aktivitäten geplant und vorbereitet:
Neben der schon erwähnten Schlauchboottour besuchten die Teilnehmer das Übungsdorf Bonnland auf dem Truppenübungsplatz und erfuhren Interessantes über dessen Geschichte und die Nutzung durch die Bundeswehr. Dort gab es auch ein Labyrinth und die Kinder durften den Traum vieler Väter ausleben, einmal Kranführer sein. Sie durften mit LKW mitfahren und erlebten die Feuerwehr des Übungsplatzes. Ein Ausflug ins benachbarte Fuchsstadt wurde mit dem Besuch des Heimatmuseums verbunden. Dort erfuhren die Kinder, wie die Menschen in der Region früher lebten und arbeiteten. Sogar der alte Backofen wurde angeheizt und die Kinder backten den ortsüblichen Plotz – mit großem „Mhmmm – Lecker“ wurde dann ausprobiert. Auch eine Lagerolympiade mit kleinen Preisen für die Sieger fand statt.
Am Dienstagabend wurde mit Unterstützung der Offizierheimgesellschaft ein Grillabend durchgeführt, zu dem auch die Grafenrheinfelder Eltern ihre Kinder in der Kaserne besuchen konnten. Der Kommandeur der Infanterieschule, Brigadegeneral Günter Engel begrüßte alle Anwesenden und bedankte sich vor allem beim fleißigen Betreuer- und Organisationsteam für die hervorragende Arbeit. Er betonte, dass durch diese Veranstaltung nicht nur etwas Gutes für die Kinder der Soldaten und Beschäftigten der Bundeswehr getan wird, sondern gleichzeitig die Bevölkerung „Bundeswehr zum Anfassen“ erleben kann. Diese Kontakte in die Zivilgesellschaft sind besonders wichtig für die Akzeptanz dessen, was die Streitkräfte tun. Die Bürgermeisterin von Grafenrheinfeld, Sabine Lutz brachte die Fahne mit dem Ortswappen mit, die von einigen Kindern unter musikalischer Begleitung durch einen Hornbläser sogleich am Fahnenmast aufgezogen wurde. Daneben wehten schon die Bundesdienstflagge und eine Fahne des Bundeswehrverbandes. Die Bürgermeisterin hatte auch eine Menge Süßigkeiten mitgebracht, was die Kinder natürlich noch mehr begeisterte. In einer kurzen Ansprache dankte sie dem Kommandeur und allen Helfern dafür, durch das gemeinsame Ferienlager die Patenschaft zwischen Grafenrheinfeld und der Infanterieschule wieder einmal mit Leben zu erfüllen. Bei Steak, Bratwurst, Bier und anderen Getränken klang der erlebnisreiche Tag mit vielen guten Gesprächen aus.
In der zweiten Woche werden etwa 30 Kinder von US- amerikanischen Soldaten aus dem Standort Schweinfurt ihre Ferien gemeinsam mit den Hammelburger Bundeswehrkindern verbringen. Sie werden unter anderem eine Kutschfahrt erleben und einen Bio-Bauernhof besuchen. Am Dienstag wird erneut ein Grillabend stattfinden, diesmal unterstützt von der Unteroffizierheimgesellschaft. Ab Mittwoch können die Hammelburger Kinder den Besuch der amerikanischen Soldatenkinder erwidern und werden dann in die US-Kaserne nach Schweinfurt fahren. Dort erwartet sie ein ebenfalls ein tolles Spiel- und Sportprogramm. Die amerikanischen Betreuer haben dafür weder Kosten noch Mühe gescheut.
Viele Unterstützer und Sponsoren haben die Durchführung der Ferienbetreuung erst möglich gemacht: die Gemeinden Grafenrheinfeld und Fuchsstadt, die US-Streitkräfte in Schweinfurt, der Bund der Deutschen Infanterie, die Truppenkameradschaft Infanterieschule des Deutschen Bundeswehrverbandes, die Offizierheimgesellschaft und Unteroffizierheimgesellschaft Hammelburg, die Kantine Bundspecht, die Familie Schuhmacher und zahlreiche Kleinspender. Ihnen allen ist dafür zu danken.
Und eines ist kein Geheimnis: Die ersten Überlegungen für das Ferienlager 2012 werden bereits angestellt – dann sieht man sich wieder auf dem Lagerberg in Hammelburg.
Text: Frank Gotthardt / Fotos: Infanterieschule