Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Der erste Eindurck täuscht, Karl-Heinz Nusser ist nicht der gemütliche Kumpel von nebenan. Über Recht, Gesetz und die öffentliche Ordnung kann man mit ihm nicht verhandeln, er setzt es durch und das aus voller Überzeugung. Eine eigene Meinung zum Waffenrecht hat er nicht mitgebracht zu unserem Gespräch in der Revista-Küche, dafür einen ganzen Stapel interessanter Zahlen, Daten und Fakten. Kaum einer kennt die Waffenbesitzer im Landkreis Schweinfurt und ihre Waffen besser als er.
Karl-Heinz Nusser ist Sachgebietsleiter vom Amt für Kommunales und Ordnungsaufgaben im Landratsamt Schweinfurt.
Seine Laufbahn hat Karl-Heinz Nusser 1971 schon beim Landkreis begonnen. Die Ausbildung als Staatsbeamter dauerte fünf Jahre. Danach hat es ihn für vier Jahre erst einmal ins Landratsamt nach Bad Neustadt gezogen. Zurück in Schweinfurt wurde er 1986 Sachgebietsleiter, damals noch bei Landrat Karl Beck.
Das Amt für Kommunales und Ordnungsaufgaben
befasst sich mit dem Ausländerrecht, dem Gewerberecht, dem Katastrophenschutz, dem Kommunalrecht und als Schwerpunkt mit dem Waffenrecht. Auf 16 Köpfe, zusammen mit dem Sachgebietsleiter, sind die Aufgaben verteilt. Die Verschärfung des Waffenrechtes im Laufe der Zeit hat die Aufgaben seines Amtes immer komplizierter und aufwändiger werden lassen. Nicht geändert hat sich die öffentliche Sicherheit, sie ist geblieben wie immer: sicher.
Die Anzahl der Waffen ist immer weiter angestiegen.
Über 23.000 Waffen im Landkreis
Genau sind es heute 23077 registrierte, erfasste, legale Waffen, die Stadt hat eigene Zahlen. Mit der letzten Änderung zum Waffengesetz ist, was die Aufbewahrung anbelangt, eine Überprüfungsaktion angeordnet worden. 1100 Waffen sind dabei zurückgegeben worden, meistenteils alte Erbstücke und Bodenfunde. Diese Besitzer hatten für die Waffen keine Verwendung und damit auch kein Bedürfnis. Die Kosten für die Anschaffung von vorschriftsmäßigen Waffenschränken haben die Werte dieser alten Waffen oft bei weitem überschritten.
Andere Bundesländer haben diese Überprüfung sofort nach der Gesetzesänderung durchgeführt. In Bayern wurde erst durch die Verwaltungsvorschrift zum Gesetz und durch interne Anweisung ein Erlass an die Behörden herausgegeben.
Waffenbesitzer müssen sichere Verwahrung nachweisen
Die Waffenbesitzer haben nach diesem Gesetz die Verpflichtung, sichere und vor fremdem Zugriff geschütze Verwahrung durch Belege und Fotos gegenüber der Verwaltung zu dokumentieren.
Die Überprüfung in den Wohnungen ist erst dann vom Ministerium angewiesen worden. In Gesetz steht nicht, dass die Behörde alle Waffenbesitzer überprüfen muss. Der Nachweis der Aufbewahrung mit Fotos und/oder Rechnungen sollte bis Ende 2011 abgeschlossen sein.
Unterstützung des Amtes hat man durch eine Aufstockung des Personals geleistet. Überprüft ist heute jeder Waffenbesitzer im Landkreis, zumindest auf Basis der eingeforderten Unterlagen.
1100 Waffen der Behörde übergeben
Die rund 1100 zurückgegebenen Waffen waren Ergebnis dieser Überprüfung. Die Leute haben die Waffen irgendwo im Speicher oder Keller gelagert und sind von der Behörde aufgefordert worden einen Waffenschrank nachzuweisen. Die Alternative zur Anschaffung eines ordentlichen Waffenschrankes war die Abgabe der Waffen an die Behörde. Da der wirtschaftliche Wert der Waffen in der Regel gering war, haben einige die Rückgabe vorgezogen. Der Verwaltungsaufwand und die damit verbundene Logistik war entsprechend aufwändig und noch ist nicht alle Arbeit getan.
Übung hatte das Amt mit der Vorgehensweise schon bei der letzten Amnestie für nicht angemeldete Waffen. Schon bei dieser Aktion konnte Karl-Heinz Nusser und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rund 500 Waffen einsammeln.
Die Waffen werden vernichtet
Vom Landratsamt können die eingesammelten Waffen immer nur in kleinen Mengen an das LKA nach München weitergereicht werden. Die Waffen werden durch Polizeifahrzeuge innerhalb des normalen Dienstverkehrs nach München mitgenommen, um die Kosten für die Aktion gering zu halten. Bis der gesicherte Dokumenten-Keller im Landratsamt völlig geleert ist, wird das wohl noch bis zum Jahresende dauern.
Vor der Vernichtung überprüft
In München werden die Waffen dahingehend überprüft, ob sie jemals in Zusammenhang mit einem Verbrechen in Erscheinung getreten sind, um dann endgültig vernichtet zu werden. Beim LKA ist eigens dafür eine Stelle eingerichtet worden.
Keine Gebühren für die Nachschau
Überlegungen wie in manchen anderen Bundesländern, sich die Kosten für die Nachschau beim privaten Waffenbesitzer in Form von Gebühren zu holen, gibt es im Landratsamt nicht. Karl-Heinz Nusser sieht im Augenblick auch keine rechtliche Möglichkeit für eine Gebührenerhebung. Waffenrecht ist Bundesrecht, da müsste erst einmal der Gesetzgeber eine ‚Türe aufmachen‘. Im Waffenrecht gibt es fast ausschließlich feste Gebühren, die im Prinzip der Bundes-Gesetzgeber vorgibt. Was anderes ist, wenn bei den ‚Hausbesuchen‘ ein Verstoß festgestellt wird, dann können im Rahmen eines Bußgeldbescheides natürlich Kosten festgesetzt werden.
„Wenn aber alles in Ordnung ist, warum sollte man dann dem Bürger Kosten auferlegen, nur weil er alles richtig gemacht hat?”, so argumentiert der Amtsleiter.
Ein Bedürfnis ist Voraussetzung
Nach der persönlichen Einschätzung von Sachgebietsleiter Karl-Heinz Nusser ist es ohnehin nicht so leicht eine legale Waffe zu erwerben, wie es manchmal in verschiedenen Sensationsmedien dargestellt wird. Es gibt eigentlich nur drei Personengruppen, die Bedürfnisse zum Waffenerwerb nachweisen können und deren Bedürfnisse amtlicherseits auch anerkannt wird. Das sind zum einen die Jäger, die Sportschützen und zu allerletzt Menschen, die mehr als alle anderen persönlich gefährdet sind. Bei allen drei Gruppen sind die Hürden hoch und erfordern entsprechende Nachweise. Außerhalb dieser drei Gruppen kommt man bei uns im Landkreis und in der Stadt nicht an legale Waffen.
Die Antragsteller werden sorgfältig durchleuchtet
Zu bemerken wäre noch, dass grundsätzlich alle Personen, die eine Waffe beantragen, von der Behörde sicherheitsüberprüft werden und nur wer eine wirklich reine Weste hat, wird mit seinem Antrag Erfolg haben. Besonders hoch sind die Hürden bei der dritten Gruppe, Menschen die zu den besonders gefährdeten Personen zählen. Sie erhalten einen Waffenschein, der im Gegensatz zur Waffenbesitzkarte bei den Schützen, zum schussbereiten Führen einer Waffe zum Selbstschutz auch in der Öffentlichkeit berechtigt. Insgesamt gibt es nur sechs Personen im ganzen Landkreis, die zu dieser letzten Gruppe zählen.
Der ‚Kleine Waffenschein‘
Seit jüngster Zeit gibt es noch den sogenannten ‚Kleinen Waffenschein‘. Der erlaubt das Mitführen einer Gas- und Schreckschusswaffe in der Öffentlichkeit. Von diesem Waffenschein sind zur Zeit 410 ausgegeben. Ein Bedürfnis dafür muss nicht nachgewiesen werden. Der Antragsteller muss 18 Jahre alt sein und der Erwerb von Gas- und Schreckschusswaffen ist ohnehin frei.
Regelmäßige Überprüfung
Regelmäßig wird durch das Amt das zentrale Strafregister abgefragt, um zu überprüfen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit der einzelnen Waffenbesitzer noch vorhanden ist. Das gilt für alle rund 2500 Waffenbesitzer im Landkreis. Selbst ein Verkehrsdelikt, bei dem Trunkenheit im Spiel ist, stellt die Zuverlässigkeit für den Besitz von Waffen in Frage. Es kommt auch vor, dass, wenn kein Schützensport mehr aktiv ausgeübt wird, die Waffenbesitzkarte eingezogen wird.
Der Schütze müsste dann seine Waffe an einen Berechtigten verkaufen oder von einem Büchsenmacher unbrauchbar machen lassen. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass sich jemand ausschließlich zum Zwecke des Waffenerwerbes bei einem Schützenverein anmeldet.
Bilder und Text Jürgen Kohl – jkohl@revista.de
Aus dem aktuellen SWmagaz.in: http://swmagaz.in/swmagaz-in-ausgabe-06-2012