Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Gabriele Frühwald ist Abteilungsleiterin und Vertreterin im Amt von Landrat Harald Leitherer. Der Vertreter im Amt ist, wenn der Landrat nicht da ist, für die staatlichen Angelegenheiten zuständig. Das Landratsamt ist ohnehin ‚janusköpfig‘. Zum einen ist das Landratsamt die Verwaltungsbehörde des Landkreises, daneben ist das Landratsamt aber auch Untere Staatliche Verwaltungsbehörde, wie es z.B. auch das Finanzamt ist. Dieses „Staatliche Landratsamt“ erledigt die Aufgaben des Freistaates Bayern und ist insoweit ein „verlängerter Arm“ des Staates. Als Regierungsdirektorin steht Gabriele Frühwald in dieser Hierarchie ganz oben, ein weiterer Aufstieg ist in bayerischen Landrats-ämtern nicht mehr möglich. Gabriele Frühwald fühlt sich in Schweinfurt aber wohl, sie will bleiben.
Im Schweinfurter St. Josefskrankenhaus hat sie das Licht der Welt erblickt und ist in Schweinfurt aufgewachsen. Schreiben, Lesen und Rechnen hat sie in der Albert-Schweizer-Schule am Bergl gelernt. Damals hat das Bergl an der Einsteinstraße geendet, danach waren nur noch Felder und Wiesen. Die Albert-Schweizer-Schule war ganz neu gebaut und damit die modernste in ganz Schweinfurt. Die beiden jüngeren Brüder haben das schon anders erlebt. Die konnten auch schon den Kindergarten besuchen, zuzeit von Gabriele Frühwald gab es noch gar keinen Kindergarten am Bergl. Ihr Papa ist in ganz jungen Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen, Gabriele war damals dreieinhalb Jahre alt und der kleinste Bruder war noch unterwegs. Diese Kindheit hat ihr Leben geprägt. Den Übertritt in die, damals noch städtische Olympia-Morata-Schule, hat sie in der vierten Klasse spielend geschafft und ihr Abitur dort auch.
Zielstrebig zum Jurastudium
Nach dem Abi hat sie sich zielstrebig in Würzburg für das Jurastudium eingeschrieben, um dann später in München weiter zu machen. Gabriele Frühwald ist mit beiden Staatsexamen Volljuristin, hat damit auch die Befähigung zum Richteramt. Das Verwaltungsrecht hat‘s ihr angetan, das war schon im Studium „…meine Welt”.
Verwaltungsrecht ist trocken?
Die Frage, wie sie denn bei einer so trockenen Materie landen konnte, ruft regelrecht Empörung bei ihr hervor. „Nehmen wir das Beispiel Altlast Schonungen, wie kann man denn einen so interessanten Fall als trockene Materie bezeichnen, das ist eine total spannende Angelegenheit, ganz sicher keine Minute langweilig.” Die Juristin Frühwald hatte immer schon spannende Fälle auf dem Tisch. Im Gespräch erinnert sie an den Fall Buska in Maßbach. Gabriele Frühwald war damals im Landratsamt Bad Kissingen für diesen Fall zuständig. Über 300 Hunde hausten in Maßbach unter absolut unwürdigen Umständen. Zusammen mit Polizei und Tierschutzorganisationen ist es gelungen, das Tierschutzrecht durchzusetzen und die Hunde auf über 30 Tierheime in Deutschland zu verteilen. Fast 20 Jahre dauerte diese Auseinandersetzung.
Der dubiose Hundezüchter
hat alle Auflagen, Zwangs- und Bußgeldauflagen seitens der Behörde immer wieder ignoriert. Erst 2000 ist es gelungen mit vereinten Kräften gelungen, dem sich immer auch mit Rechtsmitteln wehrenden Hundehändler das Handwerk zu legen. An die Bilder bei der Räumung denkt Gabriele Frühwald, die selbst einen Golden Retriever zu Hause hat, mit Grausen zurück. „Wie gesagt, langweilig ist die Materie Verwaltungsrecht nie.”
Spannende Fälle gibt es jeden Tag
In ihrem Job als Abteilungsleiterin für Umwelt, Bau und Straßenverkehr im Schweinfurter Landratsamt gibt es Gott sei Dank heute keine solchen spektakulären Fälle mit so hohem Medieninteresse wie bei den Hunden in Maßbach. Aber Spannendes gibt es jeden Tag. Vom Abfall, Naturschutz, Wasserrecht, Hochbau, Tiefbau, die Bauhöfe, Kreisfachberater für Gartenbau alles gehört in ihr Ressort. Neunzig Mitarbeiter wollen geführt sein. Dass sie eine Frau ist, spielt dabei keine Rolle und hat auch noch nie eine gespielt.
Nach dem Staatsexamen gleich in den Staatsdienst
Nach ihrem zweiten Staatsexamen hat sich Gabriele Frühwald gleich beim Bayerischen Innenministerium beworben. Verwaltungsrecht war schon im Studium ihre Leidenschaft. „Im Verwaltungsrecht kann man gestalten, wir in der Verwaltung machen das Recht lebbar.” Als Beispiel führt sie das Baurecht an: „Man muss schauen, sind Nachbarrechte verletzt, stimmt die Gemeinde zu, dann kann man auch mal einen Bauantrag durchwinken, der nicht einhundertprozentig den Buchstaben des Gesetztes entspricht.” Es gibt also einen Ermessensspielraum, der vielleicht etwas größer ist als in anderen Rechtsgebieten. Im Alltagsbetrieb hat die Juristin viel mit Bürgermeistern zu tun, die bei ihr die Rechtsberatung in Sachen Verwaltungsrecht suchen.
Der Landrat leitet die Abteilung 1 selbst
Abteilungsleiter gibt es im Landratsamt mit dem Landrat zusammen vier. Der Landrat leitet bei uns in Schweinfurt die Abteilung 1 selbst. Alle Abteilungsleiter sind in Schweinfurt Juristen, das ist keine Vorschrift sondern eine individuelle Entscheidung, auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten. Die Juristen werden vom Freistaat Bayern über die Regierung in Würzburg an die jeweiligen Dienstbehörden geschickt. Der Landkreis bekommt Personal für die staatlichen Aufgaben zur Verfügung gestellt, einsetzbar für staatliche und auch für Landkreisaufgaben.
Spitzenjob auch in Teilzeit
In Bad Kissingen im Landratsamt war Gabriele Frühwald von 1988 bis 2009 auch schon als Abteilungsleiterin tätig. Lange Zeit sogar in Teilzeit, weil sie so ganz nebenbei auch noch drei Kinder großgezogen hat. Heute sind die Kinder erwachsen, zwei Töchter und ein Sohn, die Frühwalds wohnen im Landkreis. So ein normaler Arbeitstag entgegen aller Vorurteile auch in einem Amt recht stressig. Es ist nicht so, dass alle heimgehen, wenn an der Tür die Geschäftszeiten ‚von … bis‘ stehen. Im Gegenteil, die Zeit ohne Publikumsverkehr wird dringend gebraucht, um die gestellten Anträge bearbeiten und gegebenenfalls auch schwierige Rechtsfragen besprechen zu können. Unter ihren mehr als 90 Mitarbeitern haben Männer den größeren Anteil. Probleme damit, dass Männer von ihr Anweisungen entgegennehmen müssen, hat sie heute nicht mehr. Früher, zu Anfang war das noch ein bisschen anders, als dreißigjährige Frau Männern mit fünfzig sagen zu müssen wo es langgeht war nicht ganz so einfach.
Die Zwölfender
Da waren auch schon mal ein paar ‚Zwölfender‘ dabei (das sind ehemalige Berufssoldaten, die 12 Jahre in der Bundeswehr gedient hatten und in den Staatsdienst übernommen wurden, d.Red.), die sich von so einem jungen ‚Mädle‘ nichts sagen lassen wollten. Sie musste die Sprache der ‚harten‘ Männer lernen, damit man sie letztlich auch verstanden hat. Sie schmunzelt heute noch darüber. Als ihre Kinder noch klein waren und sie teilzeit gearbeitet, hat ist auch schon mal die Ansage aufgetaucht ‚Sie möge sich doch mal entscheiden zwischen Beruf und Kindern‘. Ein Satz, den sich ein männlicher Kollege nie anhören musste.
Rahmenbedingungen im öffentlichen Dienst
Die Rahmenbedingungen für Führungskräfte, auch Kinder zu haben, waren im öffentlichen Dienst natürlich damals schon viel günstiger als in der freien Wirtschaft. Ihr eigener Rückblick auf diese Teilzeit fällt nicht gerade erfreulich aus. Hat man ihr doch bei der Zustimmung zur Teilzeit die Stunden und damit das Gehalt gekürzt, nicht aber die Aufgaben. Das bedeutete in der Praxis einfach schneller arbeiten. Als sie dann wieder Vollzeit arbeiten konnte, weil ihre Kinder aus dem ‚Gröbsten‘ heraus waren, hat man ihr gleich mal ein paar Aufgaben zusätzlich aufgedrückt. Sie hatte ja jetzt mehr Zeit…
Trotz alledem betont sie, haben ihr die Aufgaben immer Spaß gemacht. Bezogen auf die Altlasten in Schonungen ist Spaß vielleicht nicht der richtige Ausdruck, weil lustig ist das eher nicht. Es sind eher große Herausforderungen und es ist ungeheuer spannend. Gabriele Frühwald weiß genau wie das in Schonungen ausgeht: „Es geht gut aus, wir werden die Altlast rausnehmen und Schonungen 2020 sieht schöner aus als Schonungen 1920. Alles wird gut.”
Die Schonunger Altlasten
Auf die Frage, ob das dann ein persönliches Erfolgserlebnis sei, sagt sie: „Die Altlast ist und war eine Teamarbeit. Als ich dazu gekommen bin, lief das Ganze schon rund zehn Jahre. Mittlerweile sind wir im Altlastenteam im Landratsamt sechs Personen, die einen großen Teil ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden. Das Altlastenteam unterscheidet sich von den normalen hierarchischen Strukturen durch die offene Teamarbeit. Ich verzichte auf meine Stellung als Abteilungsleiterin und bin eine vom Team. Im Vorfeld gibt es Aufgabenteilung, das ganze Team beratschlagt aber gleichberechtigt über Fragen, die es zu klären gibt.”
Finanzielle Unabhängigkeit
Während ihres Studiums hat Gabriele Frühwald in ihren Ferienjobs auch viele Firmen in der freien Wirtschaft kennengelernt. Sie hat z.B. bei Kugelfischer in der technischen Abteilung gearbeitet, beim Süddeutschen Verlag, ganz handfest in der Anzeigenabteilung. Sie hat immer versuchen müssen zumindest Teile ihres Studiums selbst zu finanzieren. Finanzielle Unabhängigkeit war ihr immer ganz wichtig. Das war auch der Grund in der Zeit der Kindererziehung die Arbeit nicht einzustellen. Der frühe Tod ihres Vaters hat ihr gezeigt, was es bedeutet, auf den einzigen Ernährer in der Familie angewiesen zu sein.
Die privaten Leidenschaften
Die Regierungsdirektorin hat noch eine private Leidenschaft, die man ihr auf den ersten Blick nicht ohne Weiteres zuschreiben würde. Gabriele Frühwald spielt Kontrabass, die kleine zierliche Frau mit dem tiefsten und größte Streichinstrument. Der Name Kontrabass leitet sich von der Kontraoktave ab, deren Töne mit dem Instrument erzeugt werden können, so kann man das jedenfalls bei Wikipedia nachlesen.
Die tiefen Töne sind ihre Sucht
Weil sie von den tiefen Tönen nicht genug kriegen kann, hat sie jetzt auch noch mit dem Baritonsaxophon angefangen, dessen warmer, satter Klang einem Cello in der Klangfarbe sehr nahe kommt. Angefangen hat sie eigentlich mit der Geige im Schulorchester. Schon als Kind hat sie mit dem Bass geliebäugelt. Heute spielt sie im Schweinfurter Kammerorchester, im Bayerischen Beamtenorchester, im Bayerischen Juristen Orchester und im Deutschen Juristen Orchester. Sie nimmt für beide Instrumente regelmäßig auch heute noch Unterricht. Haus, Hund und Garten sind neben ihren Kindern heute die Dinge, die sie privat ausfüllen, ganz besonderes gerne wandert sie auch einfach durch die Landschaft.
von Jürgen Kohl
Aus dem aktuellen SWmagaz.in: http://swmagaz.in/swmagaz-in-ausgabe-03-2012