Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Gut, zugegeben, Staatsanleihen sind garantiert out. Besonderes nach der Griechenlandpleite machen alle Anleger einen großen Bogen um solche Anleihen, auch um die italienischen. Aber keine Sorge, unsere Anleihe galt nur dem Käse, genauer dem Gorgonzola.
Der Aufschrei der fränkischen Traditionalisten ist bis hier vernehmbar. Gemach, Julia, Studentin für Hotelmanagement, angehende Hotelbetriebswirtschafterin verwendet ihn nur als Gewürz, sozusagen.
Fangen wir von vorne an:
Gerupfter, was ist das eigentlich? In den einschlägigen Kochbüchern versteht sich Gerupfter als urfränkischer Brotaufstrich. Als Obatzda melden auch die Alpenbewohner von Oberbayern bis in die Schweiz ein Urheberrecht auf diese Speise an. Ursprünglich war das Verwertung von alten Käseresten, insbesondere von Camembert und anderen Weichkäsen. Um ihn wieder schmackhaft zu machen, wird der reife bis überreife Käse mit Butter vermischt und Gewürz zugegeben, hauptsächlich Paprika, sowie je nach Gegend noch andere Gewürze und vor allem natürlich Zwiebeln. Auch bei den Zwiebeln gibt es unterschiedliche Weltanschauungen. Die einen wollen die Zwiebeln auf keinen Fall roh im Gerupften haben, die anderen bestehen darauf. Wenn der Gerupfte am selben Tag verzehrt wird, sind rohe Zwiebeln vorzuziehen, wenn nicht, könnten sie am nächsten Tag bitter schmecken.
Beim Zwiebelschneiden ist alles noch normal und traditionell. Beim Käse unterscheiden sich schon die Geister. Julia nimmt keinen Camenbert, sie bevorzugt Brie, aber es sollte schon der mit 60 % Fett sein. Der Brie wird, wie auf dem Bild zu sehen ist, einfach mit den Fingern auseinander gebröselt. Dann kommt die echte Revolution: ein dickes Stück Gorgonzola, das ist die italienische Anleihe. Gorgonzola kommt eigentlich aus der Lombardei, sein voller Name ist Stracchino di Gorgonzola, was frei übersetzt ‚Der Müde von Gorgonzola‘ heißt. Es ist ein Blauschimmelkäse mit einem Fettgehalt von rund 50 Prozent. Der würzig-pikante Geschmack des Gorgonzola mit dezent süßer Note passt hervorragend zu dem eher etwas fad schmeckenden Brie. Aber auch der Brie ist keine fränkische Erfindung, er kommt aus dem Département Seine-et-Marne in der Île-de-France.
Jetzt wird unser ganzer Ansatz mit der Gabel zusammengedrückt und mit Paprika recht großzügig gewürzt. Ein grober Fehler wäre, eine Küchenmaschine dafür zu benutzen. Die Struktur der Zutaten sollte schon noch gut zu erkennen sein.
Serviert mit einem deftigen Bauernbrot und verziert mit ein paar Salztstängchen wird aus den gesamteuropäischen Zutaten eine echte fränkische Spezialität. Dazu einen halbtrockenen Portugieser vom Barth aus Donnersdorf, eine richtig runde Sache.
Wohl bekomms…
von Jürgen Kohl – jkohl@revista.de
Aus dem aktuellen SWmagaz.in: http://swmagaz.in/swmagaz-in-ausgabe-04-2012