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Die Energiewende und die Feuerwehr

vom 26.04.2012 - 09:04 Uhr

Stadtlauringen/Hesselbach: Am Samstag, 21.04.2012 informierten sich die Feuerwehrleute aus Stadtlauringen, Hesselbach, Ebertshausen und Hoppachshof über ein in Zukunft wohl auch im Landkreis Schweinfurt öfter zu erwartendes Einsatzbild: Notfälle in und an Windkraftanlagen.

Der Energiewandel ist mit zahlreichen Windkraftanlagen auch im Landkreis Schweinfurt angekommen. Mit dem Energiewandel wird auch die Zahl der Feuerwehr- und Rettungsdiensteinsätze unmittelbar in den Windrädern oder in deren Umfeld steigen. „Wir werden uns auf dieses neue Einsatzspektrum einrichten müssen.“, ist sich der Organisator der Fortbildung Manfred Brand von der Freiwilligen Feuerwehr Stadtlauringen bei seiner Begrüßung sicher. Eine Einschätzung, die die rund 60 Feuerwehrleute der Wehren aus dem Schweinfurter Oberland teilten. Der Saal im Feuerwehrhaus Hesselbach war zumindest bis auf den letzten Platz gefüllt. Zu der Fortbildung hatte Manfred Brand zwei Gastredner zur Ausbildung eingeladen.

Ralf Keil von der Fa. Elektro Keil aus Schweinfurt ist als „Troubleshooter“ an der Windkraftanlage Hesselbach für die kurzfristige Störungsbehebung zuständig. Was die Feuerwehrleute im Einsatzfall erwartet, fasste er in üppigen Zahlen zusammen: Die Hesselbacher Anlage hat eine Nabenhöhe von 108 Metern, die Rotorspitze steht am höchsten Punkt 150 m über Grund. Mit einer Höhe von vier Metern hätten im Generatorgehäuse, der sogenannten Gondel, theoretisch leicht zwei Autos Platz. Praktisch ist es in der Gondel schon für nur zwei Helfer recht eng. Neben einigen hundert Litern Frostschutzmittel zur Stabilisierung der Turmspitze sind in der Anlage 285 Liter Getriebeöl als mögliche Brandlast vorhanden. Auch die Strom- und Steuerkabel könnten im Brandfall ein Problem darstellen. Als Sicherheitsmaßnahmen steht eine Abschaltmöglichkeit der Anlage im Turmfuß und in der Gondel zur Verfügung. Weitere Möglichkeiten zum Feststellung der Rotoren bestehen in der Gondel, die allerdings teils nur durch Aus- und Umbauten einsetzbar wären. Ansonsten sind die Sicherheitseinrichtungen eher spärlich: Im Turmfuß und in der Gondel steht jeweils ein Feuerlöscher zur Verfügung.

Die feuerwehrtechnischen Möglichkeiten eines Notfalls in einer Windkraftanlage stellte Robert Bauer von der Berufsfeuerwehr Nürnberg dar. Bauer ist dort Leiter der Höhenrettungsgruppe und damit wohl eine der wesentlichen Referenzen Nordbayerns im Bereich der Notfälle in großen Höhen.

„Brandeinsätze können wir schnell abhaken, denn da können wir eh nichts machen.“, so die ernüchternde Einschätzung Bauers. Ein Brand in einer Gondel wäre mit den verfügbaren Mitteln nicht in Griff zu bekommen. Das Fazit: Brennt eine Windkraftanlage, dann bleibt den Feuerwehren oft nicht mehr, als die Anlage kontrolliert abbrennen zu lassen und durch weiträumige Absperrungen sicherzustellen, dass keine Einsatzkräfte und „Einsatztouristen“ durch herabfallende Trümmer zu Schaden kommen.

Die Einsatzkräfte vor besondere Herausforderungen stellen Unfälle und plötzliche Erkrankungen von Wartungspersonal in einer Windkraftanlage. Anhand einer Übung an einer Windkraftanlage im mittelfränkischen Wilhelmsdorf stellte Bauer die Einsatztaktik der Höhenrettungsgruppe Nürnberg vor.

Die 1999 gegründete Höhenrettungsgruppe der Berufsfeuerwehr Nürnberg rückt meist bodengebunden, also mit ihren eigenen Einsatzfahrzeugen zum Notfall aus. Eine Anfahrt nach Hesselbach dürfte rund eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen. Zwar hätten sie in Wilhelmsdorf bei Windstille auch das Abseilen der Helfer aus einem Hubschrauber geübt, unter Einsatzbedingungen und stärkerem Wind dürfte dies aber oft nicht möglich sein, da der Hubschrauber recht nah an die stillstehenden Rotoren der Anlage heranfliegen müsse. Nach Ankunft am Einsatzort gehen die Höhenretter den Aufstieg in die Gondel an. Nicht in allen Türmen würden dazu Aufzüge im Turm zur Verfügung stehen. Mit dem Aufstieg stehen die Höhenretter oft schon vor dem ersten Problem: Die „Mitläufer“, ein Sicherungsmechanismus an der Leiter innerhalb des Turms, die den Aufsteigenden bei einem möglichen Absturz von der Leiter abfängt, sind nicht standardisiert. Jeder Anlagenhersteller setzt eigene Sicherungsmechanismen ein. So können die Höhenretter keine eigenen Mitläufer einsetzen und müssen stattdessen zeitaufwändig die Eigensicherung über Seile sicherstellen. Die anlageneigenen Sicherungsmechanismen sind im Einsatzfall nicht immer vorhanden, sondern mit dem Patienten und dem zweiten Monteur an die Turmspitze gewandert. Oben angekommen muss zunächst der Patient in 110 Metern Höhe notversorgt werden. Zur Bergung des Patienten steht regelmäßig nur eine schmale Luke im Boden der Gondel zur Verfügung. Dazu muss der gut in einer speziellen Rettungstrage gesicherte Patient in die Vertikale gebracht werden um durch die enge Gondelöffnung zu passen. „Den Patienten muss ein Notarzt aber schnell mit Beruhigungsmitteln versorgen, sonst übersteht der Patient das nicht.“, so die Einschätzung Bauers zu der notwendigen, aber oft einzig möglichen Rettungsoption über die Turmaußenseite. Den restlichen Weg wird der Patient in Begleitung eines Höhenretters über den meist schon vorhandenen Kran der Windkraftanlage nach unten abgeseilt.

Die Ausführungen Bauers machten zwei wesentliche Punkte deutlich: Eine schnelle Rettung eines Patienten aus einer Windkraftanlage kann es mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten nicht geben. Und eine Rettung aus einer Windkraftanlage brauche Spezialisten, die regelmäßig in einem umfangreichen und anspruchsvollen Training stehen müssen. „Immer höher werdende Anlagen werden uns immer wieder vor neue Herausforderungen stellen.“, schloss Bauer die Fortbildungsveranstaltung der Stadtlauringer Floriansjünger.

Beeindruckt von den Ausführungen der beiden Redner nutzten zahlreiche Feuerwehrleute noch die Möglichkeit, die Windkraftanlage Hesselbach auch von oben zu besichtigen.

Bild: Im Rahmen einer Fortbildung für Einsatzkräfte informierte die Freiwillige Feuerwehr Stadtlauringen über die Möglichkeiten bei Notfalleinsätzen an Windkraftanlagen. (Foto: Jürgen Lindemann)

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