Schweinfurt / Main-Rhön: Die Nachfrage war natürlich unvermeidlich. Wie sie als Schweinfurter SPD-Vorsitzende sich denn fühle, wenn sie gemeinsame Sache mache mit Angelika Strobel und dem DGB-Regionsvorsitzenden Frank Firsching, beides engagierte Linke.
„Es geht um Inhalte. Und da stimmen wir überein“, antwortete Kathi Petersen beim gemeinsamen Pressegespräch von DGB, SPD, Linke und Grüne zum Motto „Deutschland in Schieflage“. Die Oppositionsparteien des Bundestags rufen in Schweinfurt auf zum politischen Kurswechsel. Konkret aufgrund des kommenden Samstags. Denn da werden in etwa 2500 Menschen aus der Region Main-Rhön nach Nürnberg fahren zu einem Sternmarsch mit anschließender Kundgebung vor dem DGB-Haus am Kornmarkt. Rund 20.000 Protestler werden dort insgesamt erwartet.
Über die Parteigrenzen hinweg habe man ein Papier verabschiedet, das unter der Überschrift „Gerechtigkeit ist etwas anderes – wir brauchen einen Kurswechsel!“ zum Widerstand aufruft „gegen den sozialen Kahlschlag der Schwarz-Gelben Bundesregierung. Deren Politik geht zu Lasten der sozial Schwachen“, sagt Petersen. „Wir müssen an einem Strang ziehen“, erinnert die stellvertretende Kreisvorsitzende der Linken, Angelika Strobel an in der Region bereits erfolgreiche Bündnisse. So wie das am 1. Mai gegen den Aufmarsch der Rechten in Schweinfurt.
Über mehrere Punkte ist man sich in der Region einig: „Bei momentan 1,3 % an Beschäftigten über 60 Jahre ist die Rente mit 67 eine Witznummer“, sagt beispielsweise Peter Kippes, 1. Bevollmächtigter der IG Metall. Als „eine Riesenschweinerei“ bezeichnet Grünen-Kreisvorstandsmitglied Walter Rachle die drohende Armut im Alter. Die Rücknahme der Kürzungen im Sozialbereich könne man nicht hinnehmen. Konkret fordert das neue Bündnis mindestens 420 Euro als Hartz IV-Satz. „Fünf Euro mehr sind ein Witz, wenn man gleichzeitig Milliarden zur Rettung maroder Banken ausgibt“, vergleicht Petersen. „Schonungslose Klientelpolitik für die vier großen Energiekonzerne“ betreibe die Regierung, so Rachle. Stichwort Atomkraft. Die 2,9 Millionen Arbeitslosen entsprächen laut Strobel nicht der Wahrheit. 4,1 Millionen seien es eigentlich mit Ein-Euro-Jobbern oder sich Weiterbildenden. Tatsachen verschleiere die Bundesregierung, Leiharbeit müsse weg, der Mindestlohn mit 8,50 Euro pro Stunde her und auch müsse Schluss sein mit der Sparpolitik für die Kommunen. Und so weiter und so fort. Daher die Großdemo, zu der alleine aus der Stadt 1000 Menschen in 20 Bussen ab 9.15 Uhr am Schweinfurter Volksfestplatz starten.
„Natürlich könnten es auch 5000 oder 10000 sein“, weist Frank Firsching einerseits auf Anmeldemöglichkeiten in den Betrieben bis Freitag hin. Andererseits auch darauf, dass „die Fahnenstange noch nicht erreicht“ sei. Mit dem „heißen Herbst“ wollen die Gewerkschaften auf die diversen Missstände hinweisen. „Das am Samstag ist der erste Höhepunkt, aber nicht der Schlusspunkt.Die permanente Auseinandersetzung ist wichtig. Wir müssen präsent sein und unseren Einfluss geltend machen“, fordert der DGB-Reginsvorsitzende. Klar aber auch: „Es wird nicht so sein, dass Angela Markel am 14. sagt, ihr habt mich überzeugt…“ Walter Rachles Ziel („…damit wir 2013 die Regierung übernehmen können!“) bremste Firsching jedoch gleich. Die Linken streben das nicht an. Dafür taugt das neue Bündnis dann doch nicht.
Was Peter Kippes nachdenklich macht: „Das wird am Samstag eine überschaubare Gruppe sein und ist noch keine Volksbewegung.“ Die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer fühle sich zwar ungerecht behandelt, „die Reaktionen sind aber noch nicht so, dass man sich unbedingt beteiligen müsse“, so der 1. IG Metall-Bevollmächtige. „Viele sind am Wochenende beim 70. Geburtstag der Oma. Und viele sagen zwar, wir müssten es bei uns mal so machen wie in Frankreich. Wenn ich dann aber sage, sie sollen sich ein Auto aussuchen, dann höre ich: Diesen Samstag passt es nicht. Alle sagen, man müsste was machen, selbst machen wollen sie es aber nicht. Doch in und um Schweinfurt sind wir sehr engagiert und werden das am Samstag beweisen“, so Kippes.
Bild: Frank Firsching (DGB-Regionsvorsitzender), Peter Kippes (1. Bevollmächtigter der iG Metall), Kathi Petersen (SPD-Vorsitzende in Schweinfurt) und Walter Rachle (Kreisvorstandsmitglied der Grünen).
Michael Horling