Haßberge: Die Corona-Krise hat das Thema Klimawandel zwar kurzzeitig in den Hintergrund gerückt, aber das Problem bleibt. „Wir alle spüren es: milde Winter, kurzes Frühjahr und heiße Sommer prägen den Jahreszeitenverlauf. Hierzu kommen extreme Hitzeperioden mit intensiver Sonneneinstrahlung verbunden mit nur geringen Niederschlagsmengen“, beschreibt Kreisfachberater Guntram Ulsamer die aktuelle Situation, unter der nicht nur die Menschen, sondern insbesondere auch Bäume und Gehölze leiden.
„Die Pflanzen unserer Breiten sind nicht auf diese extremen Wetterverhältnisse eingestellt“, weiß der Fachmann. Insbesondere Bäume, die auf regelmäßige Niederschläge angewiesen sind und große Wurzelsysteme ausbilden, vertragen die Trockenheit schlecht. Betroffen sind vorrangig Flachwurzler wie Birke und Fichte, die sich nicht mehr aus den Grundwasserregionen bedienen können. Sinkt der Grundwasserstand weiter, könnten aber auch robustere Baumarten wie Buche und Linde mit weitverzweigten Wurzelsystemen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Die Auswirkungen der Trockenheit sind besonders auch bei künstlich geschaffenen Pflanzflächen an Straßen und Plätzen deutlich zu sehen. „In Hof- und Gartenflächen werden die wenigen Niederschläge oberflächig abgeleitet und stehen den Gehölzen nicht zur Verfügung“, skizziert Guntram Ulsamer das Problem. Hinzu kommt noch die extreme Hitze, verursacht durch ein stark befestigtes Umfeld und aufgeheizte Gebäudefassaden, die die Strahlungswärme zusätzlich verstärken. Die Folge davon – die Pflanze verdorrt und stirbt.
Mit dem 1.000-Bäume-Projekt „Aktiv gegen den Klimawandel“ möchte der Landkreis Haßberge seine Bürgerinnen und Bürger für die klimatischen Veränderungen sensibilisieren und Strategien entwickeln dieser Veränderung aktiv zu begegnen.
„Bäume sind wichtig für das Klima, denn sie speichern Kohlendioxid, bieten Lebensraum für Tiere und spenden Schatten“, so der Kreisfachberater. Deswegen sollen vermehrt zukunftsfähige Bäume gepflanzt werden, die im Sommer Hitze und Trockenperioden standhalten und trotzdem Frostperioden im Winter unbeschadet überstehen. Das 1000-Bäume-Projekt des Landkreises startet im Herbst dieses Jahres und wird zusammen mit den Kommunen und Schulen umgesetzt. An verschiedenen Standorten im Landkreis werden insgesamt 1000 Klimabäume gepflanzt. Dies hat der Kreistag Ende des Jahres 2019 beschlossen.
Landrat Wilhelm Schneider und Kreisfachberater Guntram Ulsamer hoffen, dass diese Aktion weite Kreise zieht, indem sie viele Nachahmer findet und Gartenbesitzer motiviert auf ihren Grundstücken weitere Klimabäume zu pflanzen. Mit folgender Übersicht möchte die Kreisfachberatung am Landratsamt den Bürgerinnen und Bürgern eine Hilfestellung an die Hand geben, welche Baumarten sich besonders eignen, weil sie pflegeleicht, robust und widerstandsfähig sind.
Feldahorn (Acer campestre): Die Gattung Ahorn umfasst 150 Arten und kommt überwiegend in den Waldgebieten der nördlichen gemäßigten Zone vor. Es ist ein heimisches Gehölz, das in der freien Landschaft als Heckengehölz gepflanzt wird und sich zu einem Großstrauch oder kleinem Baum mit einer Größe von 12 bis 15 Metern auswächst. Im Wald dagegen erreicht er wie seine Verwandten von Spitz- und Bergahorn Größen von bis zu über 20 Metern. Erkennungsmerkmal dieser Ahornart sind die kleinen 3-lappigen dunkelgrünen Blätter. Im Herbst besticht dieser Baum durch seine scharlachfarbene bis orangegelbe Herbstfärbung. Der Feldahorn ist ein idealer Kleinbaum für den Hausgarten oder für die Verwendung als Hausbaum im Vorgarten eignet. Gerade durch sein natürliches Vorkommen besitzt er eine besondere ökologische Bedeutung für die heimische Tierwelt. Er ist robust und widerstandsfähig und kommt auch gut mit längeren trockenen und heißen Perioden aus.
Französischer Ahorn (Acer monspessulanum): Ursprünglich stammt der französische Ahorn aus dem Mittelmeergebiet, ist aber zwischenzeitlich auch in Deutschland an Rhein und der Mosel verbreitet. Er ist in der Erscheinung mit einer Höhe bis 10 Meter unserem Feldahorn sehr ähnlich. Er bildet dabei eine unregelmäßige und sehr sparrige Krone. Man findet Ihn entweder als Kleinbaum oder Großstrauch. Das Blatt ist dreilappig geschnitten und bleibt dabei sehr klein. Ab Herbst erscheint eine wunderschöne Herbstfärbung in tiefstem Gelb mit knalligen orangefarbenen Tönen. Die goldgelben Blüten erscheinen im April. Die Imker lieben diesen Ahorn, denn sein Pollen ist gerade im Vorfrühling nahrhaft und wertvoll, in der sonst keine anderen Bäume blühen. Bienen, Hummeln und ausgefallene Wildbienen aller Art werden vom französischen Ahorn magisch angezogen. Er fühlt sich am wohlsten auf kalkhaltigen, trockenen und felsigen Böden, meidet jedoch Böden mit Staunässe. Ein absolut malerisches Gehölz mit dem bereits erwähnten mediterranen Flair. Auch als Hausbaum bestens geeignet. Er benötigt fast keine Pflegemaßnahmen und ist absolut dankbar! Dieser Baum hat durch seine Einfachheit und Robustheit nicht nur unsere Herzen erobert. Er wird auch von vielen Kommunen als Stadtbaum entdeckt. So wächst er selbst auf den trockensten und verdichteten Böden. Kurz gesagt! Ein Gehölz für die Zukunft! Ein echtes Klimawandelgehölz.
Lederhülsenbaum (Gleditsia tricanthos): Die Gattung Gleditsia wächst ursprünglich in den frisch-feuchten Mischwäldern Nordamerikas. Die Größe beträgt bis zu 25 Meter. Da die Baumart insgesamt sehr bodentolerant ist, wächst sie auf allen normalen Böden bzw. auch auf den ärmsten und trockensten Sandböden und ist deshalb als Klimabaum gut geeignet. Besonders interessant ist diese Baumart für die Verwendung im größeren Hausgarten. Der sommergrüne Baum bildet lichte Kronen. Durch den späten Laubaustrieb und die prachtvolle, frühe, gelbe Herbstfärbung eignet sich der Baum ideal für Innenhöfe und kleinere Gartenräume. Die unauffällige, hellgrüne Blüte erscheint im Juni/Juli und besticht durch ihren Duft. Die Blüte ist sehr honigreich und dient den Insekten als Nährgehölz. Auffallend sind die Dornen am Stamm, die ein sehr dekoratives Borkenbild am Stamm ergeben. Die Sorte „Sunburst“ auch Gold-Gleditschie genannt ist mit 8 bis 12 Meter Wuchshöhe wesentlich kleiner. Wie die Sorte „Skyline“ bilden beide Baumarten keinen Fruchtbehang aus.
Marone (Castanea sativa): Die Esskastanie oder Marone ist eine Kulturform der Edelkastanie und war ursprünglich in Kleinasien und Mittelmeerraum verbreitet. Da sie sehr wärmeliebend ist, war ihr Verbreitungsgebiet in Deutschland ehr entlang der großen Flusstäler gegeben. Sie werden hierzulande nur in klimatisch günstigen Lagen ein stattlicher Baum von bis zu 20 m Höhe. Kleinere 20 Jahre alte Bäume sind im Schlosspark Gleisenau mit einer Höhe von 10 Meter zu besichtigen. Auffallend ist die leuchtend gelbe Herbstfärbung. Esskastanien brauchen einen sonnigen, humusreichen, durchlässigen Boden. Grundsätzlich sind Esskastanien auch etwas spätfrostempfindlich, was wegen ihres späten Austriebs jedoch kein großes Problem ist. Interessant ist der Pollen für die Bienen und Insekten im Juni und Juli. Die Blüten verströmen einen starken Duft. Hilfreich bei der Entwicklung der Krone ist eine fachgerechte Erziehung ähnlich wie bei den Obstbäumen.
Die Samen der Esskastanien sind botanisch gesehen Nüsse. Das Nährgewebe besteht aus Kohlenhydraten, weshalb Kastanien als Nahrungsmittel bereits im frühen Mittelalter eine große Bedeutung hatte. Bei den Maronen oder Maroni handelt es sich um Fruchtsorten der Esskastanie. Sie bilden in der Regel nur eine große Nuss pro Frucht mit besonders süßem Nährgewebe. Für den Hausgarten geeignete Fruchtsorten wie ‘Marigoule’, ‘Bouche Rouge’ und ‘Bouche de Bétizac’ stammen ebenfalls aus Frankreich. Darüber hinaus sind auch die österreichischen Züchtungen ‘Tisenser’ und ‘Ecker’ empfehlenswert. Etwa 20 Jahre dauert es, bis die ersten eigenen Nüsse vom Baum geerntet werden können.
Schwarznuss (Juglans nigra): Dieser wunderschöne und mächtige Laubbaum hat sein Verbreitungsgebiet in den östlichen USA. Dort kommt er von Kanada bis Florida und sogar im heißen Texas vor. In Mitteleuropa ist er sehr selten zu finden, obwohl er seit Anfang des letzten Jahrhunderts eingebürgert wurde. Bekannt seit Jahrhunderten ist dagegen ein enger Verwandter, die Walnuss, die aus Kleinasien und dem Mittelmeerraum stammt. Im Uni-Forstamt in Sailershausen wurden bereits vor Jahren Schwarznussbäume als „Zukunftsbaumart“ gepflanzt, die sich sehr gut bewähren. Die Schwaznuss bildet große, mächtige 20-25m große Bäume, mit weitausladenden Ästen. Der Name bezieht sich auf die tiefrissige, schwarzbraune Färbung der Borke. Das sommergrüne Laub ist gefiedert und mit 30 bis 60 Zentimeter Länge recht groß. Männliche und weibliche Blüten kommen wie beim Walnuss beide auf einem Baum vor. Die Blütezeit ist vor dem Blattaustrieb im April bzw. Mai. Die essbaren Nüsse sind mit 5 Zentimeter sehr groß, die Schale hart und dick. Die Schwarznuss liebt einen sonnigen bis absonnigen Standort. Der Baum ist gerade in der Jugend besonders gegen Spätfrösten empfindlich, verträgt jedoch sehr gut heiße sommerliche Temperaturen und liefert ein wertvolles Holz und nahrhafte Früchte. Die Nuss ist unserer bekannten Walnuss sehr ähnlich, nur dass diese viel dunkler ist. Sie ist ebenfalls voller gesättigter Fettsäuren und ätherischer Öle. Diese Nüsse können nur mit einem speziellen Kugelnussknacker geknackt werden. Außerdem sollten diese Nüsse jung gegessen werden. Mit zunehmender Lagerung werden sie bitter. Die Schwarznuss ist sehr gesund und robust und hat fast keine Schädlinge. Der Baum benötigt Licht und viel Wärme. Er kann daher idealer Weise am Waldrand oder in Siedlungslagen gepflanzt werden. Aufgrund seiner beachtlichen Größe benötigt der Baum größere Freiräume.
Esskastanie: Die Edelkastanie im Schlosspark Gleisenau zeichnet sich durch einen stattlichen Wuchs, auffällige Blüten und die typischen, essbaren Früchte aus. Foto: Guntram Ulsamer / Landratsamt Haßberge








