Zwei Tage lang stellen Studierende der Fakultät Gestaltung ihre Semester- und Abschlussarbeiten aus: 66 Absolventinnen und Absolventen werden feierlich verabschiedet
Würzburg-Schweinfurt:Entdecken, staunen, erleben: Studierende der Fakultät Gestaltung der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) haben ihre Semesterarbeiten im Campus Sanderheinrichsleitenweg ausgestellt. Dafür verwandelten sie das Gebäude in ein Werkschaugelände mit vielfältigen Ausstellungsrichtungen, wie Illustration, Fotografie, Bewegtbild, Gestaltung im Raum, Objektgestaltung, interaktive Medien, Typografie und Grafikdesign.
Das sogenannte „Bergwerk“ hat Tradition: Zum Ende jedes Semesters organisieren Studierende des Bachelorstudiengangs Kommunikationsdesign sowie des Masterstudiengangs Design und Information die Ausstellung selbst. Bei der zweitägigen Werkschau können alle Interessierten die rund 550 Projekte der Designstudierenden besichtigen und erfahren, wie vielfältig Gestaltung sein kann.
In den Gängen und Lehrräumen der Fakultät Gestaltung am THWS-Campus Sanderheinrichsleitenweg konnten Besuchende der Bergwerk-Ausstellung die Vielseitigkeit von Gestaltung kennenlernen (Foto: THWS/Anne Speda)
Ein Besucher der THWS-Werkschau „Bergwerk“ betrachtet eine studentische Arbeit (Foto: THWS/Anne Speda)
Die Studierende Felicitas Haseidl zum Beispiel erstellte ihre Bachelorarbeit „Girl(y) Culture“. Gegenstand ist die Frage, wie Social Media Phänomene wie die Clean-Girl (Minimalismus in Make-up und Mode) oder Tradwife-Bewegung (sogenannte „Tradwives“ verzichten auf eine berufliche Karriere im klassischen Sinne und konzentrieren sich rein auf ihre Mutter- und Hausfrauenrolle) die Identität von 10- bis 14-jährigen Mädchen formen. Im Praxisteil ihrer Arbeit entwarf Felicitas Haseidl ein mediendidaktisches Konzept, das in den Schulunterricht eingebunden werden kann. Kernelement hierfür ist eine App, die Anwenderinnen über sogenannte „Scrolly Tellings“ mittels Scrollen durch diese Phänomene führt und sie interaktiv einordnet. „Arbeiten wie diese bilden ab, was junge Menschen beschäftigt“, erklärt Prof. Glaser. Dabei suchen sich die Studierenden die Themen für ihre Abschlussarbeiten selbst aus.
Für eine zweiteilige Filmdokumentation „Leben zwischen Netz und Not“ und „Leben zwischen Land und Wasser“, die sich die Bergwerk-Besuchenden ansehen konnten und die Teil ihrer Bachelorabschlussarbeit ist, machten sich die beiden Studierenden Henriette Hack und Lea Geldmacher auf den Weg in den hohen Norden von Deutschland, um mehrere Tage Krabbenfischer bei ihrer Arbeit zu filmen, mit Einheimischen zu sprechen und sich Informationen über die Halligen einzuholen. Die drei Halligen Hooge, Langeneß und Gröde an der nordfriesischen Insel Föhr sind kleine Marschinseln, die oft bei Sturmfluten überschwemmt werden. „Wir möchten die vergessenen Halligen wieder in das Gedächtnis der Menschen rufen. In unserem Film beleuchten wir den soziologischen und ökologischen Wandel Nordfrieslands, der zum Beispiel durch Abwanderung der jungen Leute aus der Gegend und durch die sinkende Nachfrage des Krabbenfischerberufes entsteht“, erklärt Lea Geldmacher. Neben der Dokumentation stellten die beiden Absolventinnen ihr Wendebuch „Adrift“ (engl. für „treibend“) aus, das ebenso wie die Filmdoku Teil ihrer Bachelorarbeit ist.
Die THWS-Absolventinnen Henriette Hack und Lea Geldmacher stellten ihr Wendebuch „Adrift“ (li.) aus, das wie ihre auf der Insel Föhr selbstgedrehte, zweiteiliger Dokumentation (Mitte) Teil der Prüfungsleistung für den Bachelorabschluss war (Foto: THWS/Anne Speda)
In einem weiteren Raum präsentierte Janik Söllner, Dozent im Bereich Illustration, die Ergebnisse seines Kurses „Risographie und Narration“. In sogenannten „Technischen Praktika“ lernen die Studierenden beispielsweise den Umgang mit verschiedenen Druckverfahren wie Risographie, einer Art digitales Schablonendruckverfahren, ähnlich dem Siebdruck.
Masterstudentin Mona Loch beschäftigte sich mit dem Feld „Design und Bildung“. Sie präsentierte einen Tisch, der dem Kunstunterricht in der Schule nachempfunden war: bunte Stifte, Scheren, Papier. „Ich gab einen Designworkshop für Fünft- bis Siebtklässler an einer Schule“, erklärte Mona Loch. „Kern meiner Aufgabe war es, den Begriff ,Designʼ herunterzubrechen und den Schülerinnen und Schülern zu erklären. Mein Ziel war es, die Kinder zu motivieren, kreativ zu arbeiten. Für einen Designprozess dachte ich mir Kreativaufgaben aus.“
Wie wir den Auswirkungen des Klimawandels mit unserer Kleidung begegnen können, ist Gegenstand des Projekts „waterproof X heat resistant“ (deutsch: „wasserabweisend und hitzeresistent“) von Dozentin Patricia Hepp. Mit dem Gedanken, dass der Meeresspiegel steigt und die Menschen mit extremen Wetterereignissen aufgrund der Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben, entstand dieses Designprojekt. Es setzt sich mit der Überlegung auseinander, wie die Menschen sich mit entsprechender Ausrüstung auf das Überleben in Zukunft vorbereiten können und ist als Einladung zu verstehen, tragbare Designlösungen zu entwickeln, die innovativ und nachhaltig sind. Als finales Projekt erstellten Studierende lebensgroße Prototypen, die sie in einer Modenschau präsentierten. Den Film darüber konnten sich die Bergwerk-Besuchenden neben den ausgestellten Körperhüllen ansehen.
„waterproof X heat resistant“ hieß ein Projekt der Bergwerk-Ausstellung, das Studierende der Fakultät Gestaltung kurz vorher im Rahmen einer Modenschau präsentierten, welche während der Ausstellung auf einem Bildschirm gezeigt wurde (Foto: THWS/Anne Speda)
Im „Bergwerk-Shop“ im Eingangsbereich des Campus Sanderheinrichsleitenweg konnten Interessierte studentische Arbeiten wie Postkarten, Bücher und selbstgefertigten Schmuck erwerben (Foto: THWS/Anne Speda)
Feierliche Verabschiedung der Bachelor- und Masterabsolvierende
Am Abend des ersten Ausstellungstags verabschiedete Prof. Claudia Frey, Dekanin der Fakultät Gestaltung, 56 Bachelor- sowie zehn Masterabsolventinnen und -absolventen. Nach der Begrüßung durch Hochschulpräsident Prof. Dr. Jean Meyer gratulierte Prof. Frey den ehemaligen Studierenden und machte deutlich, welche Bedeutung die ausgestellten Projekte für die Fakultät haben. „Für uns ist es eine Bereicherung, ihre Projekte von der ersten Fragestellung über die Inspirationen während des Semesters bis hin zur fertigen Präsentation zu begleiten. In überzeugender Weise begeisterten uns ihre innovativen, provakanten, witzigen, nachdenklichen, gesellschaftlich relevanten Themen und ihr hoher, gestalterischer Anspruch“.
Design könne auf vielfältige Weise an verschiedene Felder anschließen, wie das von Lorenz Schneider entwickelte Escape-Game, das er gemeinsam mit dem Jugendschutzbund erstellt hat. Für die Lehrenden sei es ein „Privileg, dabei zu sein und zu beobachten“. In den unterschiedlichen Themen zeige sich, wieviel Verantwortung im Design liege. Da die berufliche Zukunft immer mehr Mut und Bereitschaft verlange, neue Wege zu gehen, brauche es Kreativität – die die Studierenden mit dieser Ausstellung unter Beweis stellten.
THWS-Lehrende freuen sich mit den Absolventinnen und Absolventen über ihren Abschluss (Foto: THWS/Anne Speda)
Prof. Claudia Frey, Dekanin der Fakultät Gestaltung (li.), zusammen mit den Vertreterinnen der Fachschaft zum Auftakt der Ehrung der Absolventinnen und Absolventen während der Bergwerk-Ausstellung am Campus Sanderheinrichsleitenweg (Foto: THWS/Anne Speda)
Preisverleihung: Der „Bergkristall“
Der Bergkristall-Preis wird von der Fakultät Gestaltung unter den besten Abschlussarbeiten vergeben und zeichnet Werke aus, die in ihrer Kraft über die Maße inhaltlich und ästhetisch überzeugen. Diesen Preis erhielt Clara Ding für ihre Abschlussarbeit, den Film „SIJIA – 思家 (Sehnsucht nach Heimat)“.
In ihrer Filmzusammenfassung heißt es: „Wie nähert man sich einer Mutter, die emotional distanziert scheint? Als Lin nach Hause zurückkehrt, trifft sie auf ihre Mutter Mingzhu – eine Frau, die in harter Stille liebt und zwischen Sprachen, Pflichten und Erinnerungen lebt. Inmitten von Alltagsritualen, Lins Theaterproben und stillen Blicken entfaltet sich ihre neue Dynamik. Erst die einfache, zögerliche Frage von Lin bricht das fragile Schweigen und eröffnet den Raum für Annährung.“
Titelbild; Ein Ausschnitt des Films „SIJIA – Sehnsucht nach Heimat“ von THWS-Studentin Clara Ding, der im Rahmen ihrer Abschlussarbeit entstanden ist. Hierfür erhielt sie den „Bergkristall“-Preis der Fakultät Gestaltung (Foto: THWS/Anne Speda)