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Schweinfurt – Amsterdam 576 km

10.05.2012

Aus dem aktuellen SWmagaz.in: Amsterdam ist die Hauptstadt der Niederlande . Die meisten Niederländer wohnen dort. Es sind jetzt weit über 180.000, eine Großstadt also. Auch wenn sich die Königsresidenz 60 Kilometer entfernt in Den Haag befindet, ändert sich nichts daran, dass Amsterdam die Metropole ist. Für seine Grachten, das bedeutet auf deutsch Graben oder Wassergraben, ist Amsterdam weltbekannt. Die Wasserwege durchziehen auf einer Länge von 80 km die Stadt.

Wir haben einen Schweinfurter gefunden, der in Amsterdam lebt und arbeitet.

Über Facebook haben wir uns mit ihm unterhalten. Jens Erfurth hat uns von sich und seinem Leben in der Stadt erzählt.

 

Hallo und guten Morgen erstmal. Was macht denn ein Schweinfurter in Amsterdam? … und wie kommst du überhaupt auf die Idee, deine ‚schöne‘ Heimatstadt zu verlassen?

Jens: Guten Morgen, ich arbeite hier als Grafikdesigner in einer ca. 30 Mann starken Firma. Meine Heimatstadt habe ich schon mit 22 verlassen, um in Würzburg Kommunikationsdesign zu studieren. Im Zuge des Studiums habe ich ein Erasmus-Semester in Maastricht absolviert (nochmals Dank an die Walther Ell-Stiftung für das Auslandsstipendium) und habe dort meine damalige Freundin (Kölnerin) kennengelernt. Mit ihr bin ich nach Amsterdam gekommen.

 

Wie lebt man denn in Amsterdam so, wie ist heute z.B. das Wetter? Bei uns scheint die Sonne, es ist ein bisschen kühl, 12 Grad.

Jens: Die Wetterlage ist im Moment die gleiche. Als erstes muss man sich hier auf das Küstenklima einstellen. Der Wind ist viel stärker und es regnet hier ziemlich viel. Und weil man das Wetter auf dem Fahrrad (Hauptverkehrsmittel in A‘dam) täglich hautnah zu spüren bekommt, fühlt man sich in den ersten Monaten etwas durchgeweht. Aber Amsterdam ist natürlich eine wunderbare Stadt. Es gibt hier ein großes Angebot an allem möglichen und es wird nicht schnell langweilig. Nur der Wohnungsmarkt ist die Hölle auf Erden. Eine Wohnung zu finden ist schwieriger als einen Arbeitsplatz.

 

Hast aber anscheinend doch eine gefunden. Unter der Brücke wirst du ja wohl kein Wlan haben? Im Ernst, kannst du, willst du uns preisgeben wie du wohnst?

Jens: Klar. Als ich ankam habe ich mit n‘er 45-jährigen Frau und ihrer französischen Bulldogge eine Wohnung geteilt. Ich hatte ein Zimmer von 16 m2 für 450 € im Monat. Danach bin ich umgezogen in eine WG mit zwei Mädels, da hatte ich ein 6 m2 Zimmer für 250 € im Monat. Dann konnte ich für ein Jahr eine 60 m2 Wohnung von einem Kollegen zwischenmieten. Das war eine ‚offizielle‘ Wohnung, für die man sich bei der Stadt einschreiben muss. Der Markt hier ist aufgeteilt in zwei Sektoren. Man kann sich einschreiben und wartet ca. 10 Jahre (kein Witz) auf eine ‚offizielle‘ Wohnung oder man sucht sich eine im sogenannten ‚freien‘ Sektor. Und dort kann man dann 1600 € Euro für eine anständige 60 m2 Wohnung bezahlen (auch kein Witz). Im Moment wohne ich in einem 30 m2 Studio. Küche und Bad teile ich mit fünf anderen Hausbewohnern, das ist hier weitverbreitet. Dadurch komme ich miettechnisch ganz gut über die Runden. Die Niederländer kaufen auch eher Wohnungen als sie zu mieten, meistens gleich nach dem Studium.

 

In Amsterdam sind im Oktober letzten Jahres 300 smart electric für car2go hingestellt worden, die wären angeblich sehr billig. Hast du davon irgendetwas mitbekommen, ist/wird das eine Alternative zum Fahrrad, wäre ja nicht ganz so windig?

Jens: Es wird von der Stadt sogar angeboten, dass man einen Aufladepunkt kostenlos vor die Haustür gesetzt bekommt, wenn man sich jetzt ein elektrisches Auto kauft. Aber ich habe noch von niemandem gehört, der das Angebot angenommen hat. Das Fahrrad wird diese Entwicklung nicht verdrängen, Auto ist Auto. Man muss auf den gleichen Straßen fahren und im gleichen Stau stehenbleiben. Die Infrastruktur für Fahrräder ist einfach besser und zugänglicher.

 

Wie klappt das mit der Sprache, sprichst du Holländisch (oder sagt man Niederländisch), wenn ja, wie hast du diese Zugenbrecher-Sprache gelernt?

Jens: Man sagt tatsächlich Niederländisch. Ich habe die Sprache vor sechs Jahren in Maastricht gelernt. Seit ich in Amsterdam bin (seit 2006) spreche ich Niederländisch fließend, allerdings mit einem fränkischen Akzent, der die Niederländer immer amüsiert. Im Job habe ich auch zu 90 Prozent mit Niederländern zu tun, da wäre ich ohne Sprachkenntisse aufgeschmissen. Die Sprache ist dem Deutschen sehr ähnlich und wie ich finde, leicht zu lernen.

 

Die Aussprache ist für fränkische Ohren aber schon ein bisschen ungewöhnlich. Wie sieht deine Freizeit aus, kommst du ab und zu auch mal aus der Stadt raus in die Umgebung, willst du das überhaupt? Oder bist du ein echter Großstädter geworden?

Jens: Im Sommer komme ich oft raus. In zwanzig Minuten ist man mit dem Fahrrad aus der Stadt und kann entlang den Deichen des Ijselmeers soweit weg aus der Stadt fahren wie man will. Aber die Parks in der Stadt haben auch ihren Charme. Weil das Wetter im Herbst und Winter so harsch ist, kommen die Amsterdamer beim kleinsten Anzeichen von Sonne ins Freie geströmt. Und dann sind die Terrassen genauso voll wie die Parks und Nordseestrände. In 20 Minuten mit dem Zug Richtung Westen ist man schon am Wasser. Bloemendal oder Baccum sind da beliebte Reiseziele. Ich kann auch wunderbar in der Stadt genießen, das hab ich in Schweinfurt gelernt.

 

Kannst du dir vorstellen in Amsterdam zu bleiben oder hast du manchmal auch Heimweh? Hast du noch Verwandte in Schweinfurt, die du besuchen kommst?

Jens: Ja, meine ganze vierköpfige Familie ist in Schweinfurt, der größte Teil meiner Verwandtschaft auch. Viel von meinen besten Kumpels wohnen noch da und machen alle ihr Ding in Schweinfurt. Ich komme mindestens dreimal im Jahr nach Schweinfurt. Von Heimweh würde ich nicht unbedingt sprechen, aber meine Bindung zu Schweinfurt ist sehr stark und sehr emotionell. Ich bin da aufgewachsen und die Stadt hat mich geprägt. Schweinfurt ist eine tolle Stadt, ich bin ein Schweinfurter Junge. Vorläufig bleibe ich sicher in Amsterdam, aber die Option, wieder nach Deutschland zu kommen, halte ich mir immer offen. Ob ich dann nach Schweinfurt zurückkehre, das wird sich zeigen, aber, wie wir immer zu sagen pflegen:

„Du kannst einen Mann aus Schweinfurt holen, aber niemals Schweinfurt aus einem Mann.“

 

von Jürgen Kohl – jkohl@revista.de

aus dem aktuellen SWmagaz.in: http://swmagaz.in/swmagaz-in-ausgabe-04-2012

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